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Familienaufstellungen sind vielen Menschen geläufig, doch was ist eine Organisationsaufstellung? Können Beziehungen innerhalb von Teammitgliedern ähnliche Dynamiken wie in einer Familie entwickeln – oder handelt es sich um etwas völlig anderes? Hier gibt es mehr Informationen dazu.
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Bei einer Organisationsaufstellung handelt es sich um eine Form von Systemischer Aufstellung, bei der die Elemente eines Systems (z.B. Unternehmen, Organisation, Schulen) im Raum positioniert und miteinander in Beziehung gesetzt werden. Wie auch bei einer Familienaufstellung werden hierfür die einzelnen Mitglieder bzw. System-Elemente entweder durch Personen repräsentiert, oder manchmal auch symbolisch durch Figuren dargestellt, die auf einem Tisch angeordnet werden. Dadurch können Beziehungsmuster, Kommunikationsstrukturen und Dynamiken innerhalb einer Organisation visualisiert und transparent gemacht werden. Bei einer Organisationsaufstellung können sowohl einzelne Mitglieder eines Unternehmens aufgestellt werden als auch Organisationseinheiten wie Teams oder ganze Abteilungen. Auch abstrakte Begriffe wie „Markt“, „Wettbewerb“, „Werte“ oder „Kundenbeziehung“ können so dargestellt werden. Für die Aufstellungsarbeit werden nicht die richtigen Mitglieder des Unternehmens räumlich positioniert, sondern Stellvertreter, die unvoreingenommen in deren Position schlüpfen können. Die Begriffe Organisationsaufstellung und Systemische Organisationsaufstellung werden hierbei synonym verwendet.
Systemische Organisationsaufstellungen können eine wertvolle Methode fürs strategische Management sein. Dies belegt Carl Ulrich Gminder in seiner Dissertation an der Uni St. Gallen, in der er die Auswirkungen von Organisationsentwicklungen auf die Unternehmenskultur erforschte. Organisationsaufstellungen bieten eine Übersicht über die vorherrschenden komplexen Dynamiken eines Unternehmens und liefern dadurch für die Organisations- und Personalentwicklung wertvolle Einsichten. Diese liefern somit für die weitere Organisationsgestaltung wertvolle Impulse. Dies kann nicht zuletzt zu verbesserten Beziehungen der Mitarbeiter untereinander sowie zu gelungenen Kundenkontakten führen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können auch eine bessere Zusammenarbeit von Mitarbeitern unterschiedlicher Kulturen bewirken.
Bevor eine Organisationsaufstellung durchgeführt wird, sollte der Klient ein wichtiges oder dringendes Anliegen mitbringen, für das er neue Erkenntnisse gewinnen möchte. Ohne diese konkreten Fragestellungen kann die Aufstellung zu diffus werden. Zudem sollte der Klient persönlich betroffen sein, damit die Organisationsaufstellung sinnvoll ist. Er sollte Teil der Organisation, des Teams oder der Abteilung sein oder in enger Beziehung zu ihr stehen, etwa als externer Berater. Dann macht die Aufstellung der Organisationsstruktur auch Sinn. Die Fragestellungen, mit denen ein Klient an eine Aufstellung herangeht, sind vielfältig und können sich in vielen Bereichen bewegen. Daher hier nur eine unvollständige Auswahl. Mögliche Fragen könnten sein:
Auch andere Anliegen, bei denen ein Zusammenhang mit der Organisationsdynamik vermutet wird, können aufgestellt werden. Wie der Ablauf einer Aufstellung genau erfolgt, hängt u.a. auch vom methodischen Schwerpunkt des Moderators und von der Zielsetzung bzw. Fragestellung des Klienten ab. Zudem ist nicht immer eine Gruppe von Stellvertretern vorhanden, welche die einzelnen Elemente der Organisation repräsentieren kann. Der hier geschilderte Ablauf bezieht sich auf eine Aufstellung mit Stellvertretern.
Sollte die Aufstellung zu lange dauern, was bei unklaren Fragestellungen manchmal der Fall sein kann, macht es Sinn, statt des Lösungsbildes zunächst ein Abschlussbild zu finden, mit dem später weitergearbeitet werden kann. Die reine Aufstellungszeit sollte nicht länger als 45 Minuten dauern, da sonst die Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer nachlassen kann. Empfehlenswert sind 30-40 Minuten, plus Vorgespräch und Nachbereitung. Insgesamt beträgt der durchschnittliche Zeitbedarf incl. Vor-und Nachbereitung 1-2 Stunden.
Inhouse: Anstatt mit einer Gruppe von Stellvertretern zu arbeiten, können auch Personen innerhalb des Unternehmens, Mitglieder eines Teams oder ganze Abteilungen teilnehmen. In diesem Fall – im Rahmen eines Inhouse-Settings - sollte es jedoch primär um strategische Ausrichtungen und z.B. verbesserte Kundenbeziehungen gehen. Die Bearbeitung von Konflikten zwischen einzelnen Personen ist hier nicht sinnvoll. Die Mitarbeiter kennen sich untereinander und daher ist eine unvoreingenommene Offenheit, wie sie mit Stellvertretern erfolgt, nicht gewährleistet. Es könnten zudem zu viele persönliche Informationen ans Tageslicht kommen, bei denen der Schutz der Einzelpersonen nicht sichergestellt werden kann. Organisationsaufstellung mit Figuren: Im Einzelcoaching können anstatt Stellvertretern auch Hilfsmittel wie Symbole, Papierbögen oder Figuren genutzt werden. Diese werden ebenfalls im Raum ausgelegt bzw. auf einem Tisch platziert. Nacheinander kann der Klient gedanklich in die einzelnen Rollen schlüpfen und aus dieser Perspektive seine Wahrnehmung und Gefühle schildern. Dieses Vorgehen ist eine Erweiterung des NLP-Formats Wahrnehmungspositionen.
Herr S. übernimmt eine Führungsrolle in einem neuen Unternehmen. Er ist eine erfahrene Führungskraft. Die neue Stelle hat sich überraschend schnell für ihn ergeben. Seine neuen Mitarbeiter sind zurückhaltend und manche auch etwas kühl ihm gegenüber. Er kommt ins Coaching, weil er den Eindruck hat, dass seine Anweisungen nicht umgesetzt oder teilweise sogar sabotiert werden. Mitarbeitergespräche haben nichts bewirkt, er hatte den Eindruck, dass sie nicht offen antworten. Nachdem andere Faktoren (unklare Anweisungen geben, mangelndes Durchsetzungsvermögen etc.) im Coaching als möglicher Grund ausgeschlossen werden können, nimmt er an einer Aufstellung teil. Die erste Befindlichkeitsabfrage der Stellvertreter zeigt ein Bild von Verwirrung unter den Mitarbeitern und Ablehnung seiner Person. Viele starren ins Leere. Die Veränderung von Positionen der Stellvertreter bringt eine neue Gefühlsregung mit sich. Zwei Stellvertreterinnen beginnen zu weinen, schauen jetzt auf die gleiche Stelle in der Mitte. Der Aufstellungsleiter holt eine weitere Person in die Runde, ohne zu wissen, wofür sie steht. Die Dynamik beginnt sich zu verändern. Die neue Person stellt sich letztlich als Vorgänger von Herrn S. heraus, der urplötzlich ausgefallen ist. Mehr weiß Herr S. nicht darüber. Die heftige Gefühlsreaktion der Stellvertreter lässt einen Unglücksfall vermuten. Nach der Aufstellung, als Herr S. einen Mitarbeiter konkret danach befragt, erfährt er, dass der Vorgänger tödlich verunglückt ist. Die Mitarbeiter hatten ihre Trauer nicht benannt, sondern Herrn S. unbewusst für den Verlust verantwortlich gemacht: seine Anwesenheit in der Firma war schließlich erst durch den Tod des früheren Vorgesetzten möglich geworden. Nach der Aufstellung konnte er das Team direkt darauf ansprechen und über die dadurch entstandene Dynamik reden. Die Zusammenarbeit verbesserte sich deutlich.
Die Positionierung der Führungskräfte innerhalb einer Organisation bietet wertvolle Hinweise. Wo wird der Chef hingestellt? Steht er in einer Reihe mit seinen Mitarbeitern? Im Mittelpunkt oder abseits? Hat er alle Mitarbeiter im Blick oder nur einige wenige? Hat er einigen Abstand zu seinen Mitarbeitern oder ist keine Distanz vorhanden? Wie ist Nähe oder Blickrichtung zum eigenen Vorgesetzten (sofern vorhanden) aufgestellt? Gibt es vielleicht sogar jemanden, der heimlich die Führungsrolle innehat und auf den die Mitarbeiter mehr schauen als auf ihren Chef? Wird der Vorgesetzte in der Aufstellung als Führungskraft wahrgenommen oder fällt er als solche gar nicht auf? Dies ist besonders aufschlussreich, wenn die Stellvertreter nicht wissen, wer der Vorgesetzte ist bzw. die Aufstellung verdeckt stattfindet.
Bei Organisationsaufstellungen, die nicht von der Führungsebene initiiert sind, ist der Einflussbereich einzelner Abteilungen bzw. der entsprechenden Führungskräfte eingeschränkt. Bei den beteiligten Elementen, die mit aufgestellt werden, sollte berücksichtigt werden, dass aus einer unteren Ebene heraus die Führungsebene nicht verändert werden kann. Daher macht es wenig Sinn, die Unternehmensleitung mit aufzustellen, um dort nach Lösungen zu suchen. Es kann zwar zum Erkenntnisgewinn beitragen, doch die Gestaltungsmöglichkeiten zu einer befriedigenden Lösung sind stark begrenzt.
Die Aufstellung und Dynamik in einem Familienunternehmen bietet spannende Besonderheiten. Die Mitarbeiter sind meist eine Mischung aus Familienmitgliedern und Nichtmitgliedern. So kann es Überschneidungen und Verwicklungen geben, wenn der eigene Ehepartner gleichzeitig Vorgesetzter ist oder wenn ein Familienmitglied ohne offizielle Funktion im Hintergrund die Fäden zieht. Zudem können familiäre Konflikte mit ins Unternehmen getragen werden und umgekehrt. Bei der Stellenbesetzung ist manchmal auch nicht klar, ob die betreffende Person die Stelle bekommen hat, weil sie die am besten geeignete Person ist, sondern ob sie die Stelle nur aufgrund der Familienzugehörigkeit erhalten hat. Zudem stellt sich bei einem Familienunternehmen die Frage, welche Personen aufgestellt werden müssen. Spielt der Einfluss des Unternehmensgründers noch eine Rolle bei aktuellen Schwierigkeiten, obwohl er der Großeltern-Generation angehört und bereits längst verstorben ist? Auch die Erbfolge bzw. ein Generationswechsel innerhalb der Unternehmensführung sind Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.
Diese Organisationen finanzieren sich meist durch Spenden, durch Mitgliedsbeiträge und durch öffentliche Fördergelder. Diese Abhängigkeit von Geldern, die nicht primär durch die eigene Leistung erwirtschaftet werden, kann einerseits zu einer großen Unsicherheit führen (Wie lange werden wir noch finanziert?), andererseits geben genau diese staatlichen Zuschüsse und Fördermittel oft eine gewisse Sicherheit. Die Mitarbeiter müssen sich nicht mehr anstrengen, die Stelle ist ja öffentlich gefördert. Manchmal wird auch dadurch der eigentliche Zweck der Organisation aus den Augen verloren und viel Zeit für die Rechtfertigung ihrer Existenz aufgewendet. Bei Unternehmen, die aus einem Non-Profit-Bereich heraus entstanden sind und inzwischen auch bezahlte, soziale Dienstleistungen anbieten, findet sich mitunter eine Mischung aus hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Diese leisten mitunter dieselbe Arbeit, wofür der eine Mitarbeiter bezahlt wird und der andere nicht (z.B. im Rettungsdienst). Auch dies sollte in einer Aufstellung berücksichtigt werden.
Die Wirksamkeit von Organisationsaufstellungen sollte nicht dazu führen, jedes Anliegen und jedes betriebliche Problem sofort durch eine Aufstellung betrachten zu wollen. Häufig sind auch schlecht ausgebildete Mitarbeiter, unklare Arbeitsaufträge etc. der Grund für Schwierigkeiten. Diese lassen sich auch durch andere Maßnahmen lösen und bedürfen keiner Aufstellung. Wie auch bei der Kritik an Aufstellungsarbeit generell, gilt hier, dass dem Moderator bzw. Aufstellungsleiter eine besondere Rolle zukommt. Er oder sie sollte gut ausgebildet sein, mit Organisationsstrukturen vertraut sein und ein besonderes Gespür für die Dynamik bei Aufstellungen mitbringen.
Das Aufstellungsbuch: Familienaufstellung, Organisationsaufstellung und neueste Entwicklungen 352 Seiten, Carl-Auer Verlag GmbH; Auflage: 1 (1. September 2016) ISBN 3849701409 Gunthard Weber, Claude Rosselet
259 Seiten, Carl-Auer-Systeme Verlag (Oktober 2001) ISBN 3896701800 Klaus Grochowiak, Joachim Castella
456 Seiten, Carl-Auer Verlag GmbH; Auflage: 6., überarb. (23. Juli 2014) ISBN 3896708988 Insa Sparrer
448 Seiten, Kösel-Verlag; Auflage: 5 (22. September 2008) ISBN 3466307872 Renate Daimler
408 Seiten, Braumüller Verlag (1. Oktober 2012) ISBN 3991000768 Peter Klein, Sigrid Limberg-Strohmaier
256 Seiten, Carl-Auer Verlag GmbH; Auflage: 3 (1. Mai 2016) ISBN 3849701379 Gunthard Weber, Gunther Schmidt, Fritz B. Simon
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