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Wussten Sie, dass die Grundlagen für systemische Aufstellungen nahezu 100 Jahre alt sind? Sie wurzeln im Psychodrama von Jacob Levy Moreno. Während jedoch Systemaufstellungen für viele Menschen ein Begriff sind, kennt kaum jemand die Methode des Psychodramas. Es handelt sich dabei nämlich nicht etwa um eine Spielfilm-Variante oder Hollywood-Thriller, sondern um eine sehr wirksame Methode in Coaching und Therapie.
Inhaltsverzeichnis
Bei Psychodrama handelt es sich um eine Methode der Psychotherapie und Beratung. Der Klient (hier Protagonist genannt) inszeniert dabei seine innerlich erlebte Wirklichkeit und die dazugehörigen äußeren Situationen wie in einem Theaterstück. Er nutzt als Darsteller die anderen Teilnehmer einer Gruppenpsychotherapie oder Aufstellungsgruppe. Diese stellen die Bezugspersonen des Klienten dar und gehen miteinander in eine szenische Interaktion. Auf diese Weise wird das innerliche Erleben des Protagonisten, z.B. ein Konflikt oder ungelöstes Problem, erlebbar und kann reflektiert und bearbeitet werden. Das Psychodrama wurde vom Arzt Jacob J. Moreno zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt.
Der Begriff wird meist als Oberbegriff verwendet für die drei Komponenten „Psychodrama, Soziometrie und Gruppenpsychotherapie“ bzw. „Psychodrama, Soziometrie und Rollenspiel“. (Soziometrie betrachtet dabei die sozialen Beziehungen und Strukturen, Gruppenpsychotherapie ist eine Therapieform im Beisein und mit Hilfe von anderen Menschen in einer ähnlichen Lage. Vgl. hierfür auch Soziogramm.) Generell können wir das Psychodrama als eine kreative Methode bezeichnen, bei der durch szenische Darstellung neue Entwicklungsmöglichkeiten für den Klienten herausgearbeitet werden. Dabei können vergangene Erfahrungen, aber auch gegenwärtige und künftige Situationen inszeniert und gestaltet werden.
Im Psychodrama werden dramatische bzw. für den Klienten bedeutsame Lebenserfahrungen nachgespielt. Dabei sind wie in einem Theaterstück ein oder mehrere Protagonisten, weitere Akteure und ein Regisseur vorhanden. Zudem gibt es eine Bühne und, sofern die Gruppe groß genug ist, auch Zuschauer. Im inszenierten Stück wird nicht nur miteinander gesprochen, sondern auch gehandelt. Das innere Erleben, die äußeren Umstände sowie vorherrschende Gedanken und Gefühle werden inszeniert. Durch diese Form können die dargestellten, bisher belastenden oder ungeklärten Situationen, sowie die Interaktionen der Mitspieler betrachtet und näher untersucht werden. Durch die Inszenierung mit Hilfe verschiedener Methoden kann die Situation auch kreativ verändert und neue Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Es geht hierbei nicht um künstlerischen Ausdruck oder das Erlernen schauspielerischer Fähigkeiten. Das Psychodrama zielt auf die Veränderung der Spielenden ab. Außerdem gibt es keine festen Rollenanweisungen oder konstruierte Szenen, die Themen und die Umsetzung entstehen aus der inneren Realität des Klienten bzw. Protagonisten. Der Regisseur kann dabei Impulse geben, indem er verschiedene Techniken einsetzt, um den Entwicklungsprozess in Gang zu halten. Im Psychodrama kann neues und ungewohntes Verhalten ausprobiert und erlebt werden, ohne die Konsequenzen eines „Fehlverhaltens“ im realen Leben befürchten zu müssen.
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Der Einsatz von Psychodrama oder Psychodrama-Elementen ist längst nicht mehr nur der Gruppenpsychotherapie vorbehalten. Es wird mittlerweile in vielen Bereichen eingesetzt, wenn auch manchmal nur Auszüge oder einzelne Techniken daraus. Anwendungsbereiche sind z.B. (häufig als Ergänzung zu anderen Methoden):
Das Psychodrama wurde vom österreichisch-amerikanischen Arzt Jacob Levy Moreno entwickelt. Moreno liebte schon als Kind das Theaterspiel und eigene Inszenierungen. Als Medizinstudent spielte er in einem öffentlichen Wiener Park gern mit Kindern Theater. Anfangs erfand er Geschichten, doch die Kinder brachten irgendwann auch Erlebnisse von zu Hause mit, die dann in Szenen nachgespielt wurden. Auch Märchen wurden inszeniert. Die Kinder übernahmen einzelne Rollen und probierten dadurch auch neues Verhalten aus. Moreno interessierte sich darüber hinaus auch für andere Theaterinszenierungen. Dabei war ihm wichtig, diese kreativ zu verändern, statt das Stück eines Autors einfach nur nachzuspielen. Er gründete 1922 sein eigenes Stegreiftheater, bei dem die Zuschauer auf die Bühne kamen und Themen aus ihrem Leben inszenierten. Auch aktuelle Zeitungsberichte wurden nachgespielt. Moreno entdeckte dabei den heilsamen und kreativen Effekt dieser Form des Rollenspiels, sowie seine therapeutisch wirksamen Elemente. Moreno entwickelte das Psychodrama auch deshalb, weil er unzufrieden mit der damals vorherrschenden Psychoanalyse Sigmund Freuds war. Nach Meinung von Moreno fehlten in der Psychoanalyse - die sich nur auf die Sprache beschränkte - wichtige Felder und Dimensionen, die ein Klient zum Bearbeiten seiner Probleme brauchte. Er fügte der rein sprachlichen Bearbeitung von Problemen die Inszenierung des inneren Erlebens hinzu. Das Psychodrama war geboren.
Die Bühne bot für Moreno eine von ihm so genannte „Surplus-Realität“, d.h. im Spiel konnten die tatsächlichen Einschränkungen der Realität ganz einfach übergangen werden. Das Spiel eröffnete neue Möglichkeiten, fernab von den Begrenzungen der Realität. Fantasiefiguren konnten ebenso wie Tiere, Gegenstände oder Wesen aus einer anderen Welt eingefügt werden. Surplus-Realität war also ein Zugewinn ergänzend zur Realität, bzw. ein Mehrwert an Realität. Diese Fantasiewesen oder Objekte konnten als zusätzliche kreative Ressource genutzt werden. Auf diese Weise war z.B. auch die Inszenierung von körperlichen Symptomen oder Krankheit möglich, was zu neuen Erkenntnissen, neuen Lösungsansätzen und einem Selbstheilungsprozess führte.
Die Spielleitung des Psychodramas steuert durch verschiedene Techniken das Spiel. Dabei ist es wichtig, nicht zu viel zu lenken, um die Spontaneität und Entwicklung des Prozesses nicht zu stören. Folgende Techniken bieten sich an, um Impulse zu geben und den Verlauf zu unterstützen.
In der Aufwärmphase geht es primär darum, das Spiel in Gang zu bringen und Vertrauen aufzubauen.
In der Spielphase besteht die Aufgabe des Leiters darin, zurückhaltend zu lenken, nicht zu sehr, um den spontanen Verlauf nicht zu verfälschen. Hierfür können die folgenden Techniken genutzt werden. Die Reihenfolge der Methoden hat nichts über den tatsächlichen Einsatz im Spiel zu sagen, es kann auch nur eine einzelne Technik zum Einsatz kommen.
In der Abschlussphase sind im Rahmen einer Gruppendiskussion folgende Techniken sinnvoll:
Auch im Einzelcoaching können Elemente des Psychodramas genutzt werden. Natürlich steht hier keine Gruppe von Mitspielern zur Verfügung. Doch die Techniken des Psychodramas können abgewandelt auch im Einzelcoaching genutzt werden. Meist sind sie hier unter anderen Namen bekannt:
Die Leitung eines Psychodramas als Gruppenmethode ist sehr anspruchsvoll und erfordert vom Regisseur ein hohes Maß an Empathie und Gespür dafür, was die einzelnen Teilnehmer und die Gruppe gerade weiterbringt. Je größer die Gruppe, desto unübersichtlicher kann die Dynamik sein und kann dann schwer gesteuert werden. Teilnehmer einer Psychodrama-Inszenierung sollten sich vorher informieren, ob die Spielleitung auch eine entsprechend qualifizierte Ausbildung zum Psychodrama-Leiter absolviert hat. Die Elemente des Psychodramas haben jedoch seit vielen Jahrzehnten Beratung und Coaching für Gruppen und Einzelpersonen bereichert. Das Bearbeiten von eigenen Themen kann sehr nachhaltig sein, wenn man in andere Rollen schlüpft oder neue Handlungsalternativen durchspielen kann.
264 Seiten, VS Verlag für Sozialwissenschaften; Auflage: 2010 (30. September 2010) ISBN 3531165399 Christian Stadler
300 Seiten, Springer; Auflage: 3., vollst. überarb. Aufl. 2014 (28. April 2014) ASIN 3642449204 Falko Ameln, Josef Kramer
56 Seiten, Springer; Auflage: 2015 (19. Januar 2015) ASIN 3662456257 Falko von Ameln
278 Seiten, Klett-Cotta; Auflage: 1. (19. März 2016) ISBN 3608891579 Christian Stadler, Sabine Spitzer-Prochazka, Eva Kern, Bärbel Kress
336 Seiten, managerSeminare Verlag; Auflage: 2. Aufl. (28. September 2009) ISBN 3936075816 Heidi Neumann-Wirsig
136 Seiten, Junfermann Verlag; Auflage: 1 (9. März 2017) ASIN 3955716317 Evi Anderson-Krug
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