Clean-Language
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Clean Language

Lesezeit: 10 Minuten

Jeder von uns hat eine bestimmte Vorstellung von der Welt, beeinflusst und entstanden durch individuelle Annahmen, eigene Erfahrungen, Metaphern und Glaubenssätze. Im NLP nennt man diese spezifische Repräsentation der Welt die eigene mentale Landkarte oder das Modell der Welt. Es kommt oft zu Problemen in der Kommunikation zwischen zwei Menschen, da sich ihre mentalen Landkarten nicht, oder nur wenig überschneiden, und sie somit nicht von (exakt) demselben Thema reden.
Gerade im Coaching und der Therapie ist es wichtig, die mentale Landkarte des Klienten zu respektieren. Der Coach muss sich vorsehen, seine eigenen Annahmen unbewusst dafür zu verwenden, die mentale Landkarte des Klienten nachzubilden, anstatt den Klienten selbst seine Welt beschreiben zu lassen. Wird der Klient nämlich durch eine Frage vom Coach von seiner eigenen Gefühls- und Gedankenwelt abgelenkt, verfälscht sich das Ergebnis der Schilderung. Um dem vorzubeugen entwickelte David Grove die Clean Language.




Was ist „Clean Language“?

Sie entstand in den 80er Jahren bei seiner Arbeit mit Trauma-Patienten und dem Modellieren von Virginia Satir und Carl Rogers in Bezug auf Sprache. Clean Language ist ein essentieller Bestandteil des symbolischen Modellierens, das von Penny Tompkins und James Lawley entwickelt wurde, um Patienten die Möglichkeit zu geben, mit Metaphern und Symbolen ihre Erfahrungen zu beschreiben und zu erkunden.

Der Ansatz von Clean Language ist anders als beim Meta-Modell und beim Milton-Modell. Geht es bei Meta und Milton um Einflussnahme auf den Klienten, so geht es bei Clean Language um die Formgebung der Tiefenstruktur durch Symbole und Metaphern. Dabei entwickelt der Coach keine Symbole oder Metaphern, sondern er benutzt zur Stärkung des Rapports die Symbole und Metaphern, die der Klient benutzt.

Klient: “Die Farbe weiß spricht mich an“

Coach: “Und was sagt Dir die Farbe weiß?“

Klient: “Das liegt mir wie ein Stein im Magen“

Coach: “Wie konnte der Stein dorthin gelangen?“

Metaphern und Symbole sind sehr mächtig, da sie uns beim Verstehen und Begreifen von Erfahrungen und Konzepten unterstützen. Sie sind ideale Möglichkeiten, unsere mentale Landkarte zu kommunizieren und selbst zu erkunden. Diesen Kommunikations- und Erkundungsprozess unterstützt die Clean Language in einzigartiger Weise.

Clean Language erfüllt durch geschickte Fragestellung drei Funktionen:

  • Dem Klienten wird das Gefühl gegeben, verstanden, anerkannt und respektiert zu werden
  • Die Aufmerksamkeit des Klienten wird auf einzelne Aspekte seiner eigenen Wahrnehmung gelenkt
  • Der Klient soll zur Selbsterkundungsreise in seiner Erlebniswelt ermutigt werden

Clean Language verwendet eine eigene Syntax sowie Worte, Intonationen und nonverbale Signale, die möglichst den Patienten spiegeln. Dies gibt dem Klienten das Gefühl der Vertrautheit und ermutigt ihn weiter zu beschreiben. Noch dazu vermeidet die Clean Language Inhalte in das Gespräch einzuführen, die nicht vom Gedankengut des Klienten stammen.

Auch das Etablieren kausaler Zusammenhänge („…, weil…“) wird vermieden und meist durch ein schlichtes „und“ ersetzt. Die Intonation wird in einer Art Sing-Sang vorgebracht, die Stimme wird minimal tiefer gestellt und es wird langsamer gesprochen. Auch sollte eine implizierte Neugier zu hören sein. Besondere Merkmale der Sprache des Klienten werden übernommen. Solch eine Kommunikation hört sich erst einmal komisch an, fühlt sich aber mit Übung natürlicher an und ist sehr effektiv.

Beispiele - Unterschied Clean Language / keine Clean Language

Die Anwendung der Clean Language

Klient: “Ich fühle mich komisch.“

Keine Clean Language

Coach: “Sind Sie krank?“, „Haben Sie Bauschmerzen?“, „Deprimiert Sie etwas?“


Clean Language

Coach: “Was für eine Art „komisch“?“, „Komisch wie was?“, „Wo fühlen Sie sich komisch?“, „Was passiert genau bevor Sie sich komisch fühlen?“

Im obigen Beispiel ohne Clean Language verwendet der Coach sofort Annahmen über den Gesundheitszustand des Klienten oder impliziert dem Klienten, dass er deprimiert über etwas sei. Im Gegensatz dazu stimuliert die Clean Language den Klienten sein Gefühl näher zu erörtern und zu beschreiben.

Beispiel - Sprachelemente der Clean Language

Klient: “Ich stecke fest.“

Coach: “Und Sie stecken fest, und wenn Sie feststecken, was für eine Art Feststecken ist dieses Feststecken?“ “Und Sie stecken fest“

Diese Wiederholung des Gesagten gibt dem Klienten das Gefühl des Verständnisses und behält die Metapher bei. Die Einleitung mit „und“, verbunden mit einer passenden Intonation ergibt fast eine trance-induzierende Atmosphäre. “und wenn Sie feststecken“

Die Überleitung in die eigentliche Clean Language-Frage behält weiterhin die Metapher bei. “was für eine Art“ Dies ermutigt zum weiteren Beschreiben und lässt dem Klienten die Freiheit zu antworten wie er möchte, beeinflusst ihn demnach nicht. “ist dieses Feststecken“ Dies ist wieder ein Rückgriff auf die ursprüngliche Bedeutung des Feststeckens für den Klienten.

Frage

Die 12 Basis-Fragen

James Lawley and Penny Tompkins gruppierten 12 typische Clean Language-Fragen in die Bereiche Entwicklung (die derzeitige Sicht), Zeitbewegung und Intention.

  1. Ermittlung von Eigenschaften
    • „Und welche Art von (Worte des Klienten) ist dieses (Worte des Klienten)?“
    • „Und gibt es da noch etwas über (Worte des Klienten)?“
  2. Örtliche Informationen
    • „Und wo ist (Worte des Klienten)?“
  3. Beziehung
    • „Und gibt es eine Beziehung zwischen (Worte des Klienten) und (Worte des Klienten)?“
    • „Und wenn (Worte des Klienten), was passiert dann mit (Worte des Klienten)?“
  4. Metapher-Übergang
    • „Und dieses (Worte des Klienten) ist wie was?“
  5. Zeitbewegung
    • Zukunftsgerichtet: “Und was passiert als nächstes?“
    • Vergangenheitsgerichtet: “Und was passiert direkt bevor (Worte des Klienten)?“
    • Quelle: “Und woher könnte (Worte des Klienten) kommen?“
  6. Intention
    • Gewünschtes Ergebnis: “Und was würden Sie (oder Worte des Klienten) wollen, dass passiert?“
    • Notwendige Bedingungen: “Und was braucht es, damit (Worte des Klienten) passiert?“, „Kann (Worte des Klienten) passieren?“

Der Nutzen der Clean Language

Derartige Fragestellungen bringen den Klienten dazu, seine Erfahrungen, Annahmen und Glaubenssätze intensiv kennen zu lernen. In den Beziehungsgeflechten zwischen den Symbolen können Muster erkannt werden. Dies kann eine tiefere Einsicht in die Struktur des eigentlich erkundeten Problems oder Umstandes erlauben. Auch bisher unbekannte Elemente können vom Klienten entdeckt werden.

Diese zusätzlichen Informationen können wiederum als Ressourcen zur Lösung des Problems benutzt werden.

Übungen zur Clean Language

Einzelübung

Übung

Diese Übung zielt darauf ab, seine Wahlmöglichkeiten an Reaktionen in Situationen zu erweitern, in denen man früher unangemessen reagiert hat.

  1. Finde eine Metapher für eine Situation, in der Du wütend warst und deshalb unangemessen auf etwas reagiert hast.
  2. Finde eine 2. Metapher für die Reaktion, die Du gerne in dieser Situation gezeigt hättest.
  3. Finde heraus wie Du Metapher 1 in Metapher 2 umwandeln kannst.
  4. Benutze Deine Einsichten über die Verhaltensänderung im Alltag.
  5. Wiederhole das neue Verhalten.

Einzelübung Ablauf

  1. Finde eine Metapher für Dein altes Verhalten

    • Frage Dich selbst: „Wenn ich wütend bin und unangemessen reagiere, dann ist das wie …?“
    • Zeichne nun die Metapher oder das Symbol, das Dir eingefallen ist, auf ein Blatt Papier.

    ► Schau Dir nun in Ruhe Deine Zeichnung an und frage Dich für jeden Teil oder Aspekt Deiner Zeichnung:

    • „Was für eine Art ist dieses….“
    • „Gibt es da noch etwas über …?“

    ► Füge die Informationen, die Du aus diesen Fragen erhältst, in die Zeichnung ein.

  2. Finde eine Metapher für Dein neues Verhalten

    • Frage Dich: „Wenn ich anders reagiere, ist das wie …?“

    ► Zeichne die Metapher oder das Symbol für dieses neue Verhalten auf ein zweites Blatt Papier.

    • Frage Dich nun wieder beim Anschauen der Teile Deiner Zeichnung: „Was gibt es da noch über …?“
    • „Was für eine Art ist dieses …?“

    ► Füge der Zeichnung neu dazu gewonnene Information hinzu.

  3. Finde heraus, wie Du Metapher 1 in Metapher 2 umwandeln kannst

    • Lege beide Zeichnungen vor Dich hin.
    • Überlege Dir nun, wie sich Metapher 1 in Metapher 2 verwandeln könnte.

    ► Frage Dich spezielle Fragen:

    • „Was ist das ERSTE, was passieren müsste, damit Metapher 1 zu Metapher 2 wird?“
    • „Was ist das LETZTE, was passieren müsste, damit Metapher 1 zu Metapher 2 wird?“

    Hier kannst Du Dir Zeit nehmen. Du musst nicht die erste Idee nehmen, die Dir einfällt. Auch solltest Du bizarre Einfälle nicht ablehnen, weil sie abstrus sind. Du wirst wissen, wann Du die richtige Lösung für Dich gefunden hast; es zeigt sich normalerweise ein Überraschungseffekt.

  4. Übersetzung in den Alltag

    • Wie kannst Du diesen Übergang von Metapher 1 in Metapher 2 in den Alltag übersetzen?
    • Wie wird diese Information Dein neues Verhalten leiten?
  5. Wiederhole das neue Verhalten

    ► Gewöhne Dich an das neue Verhalten. Verinnerliche dessen Eigenschaften. Frage Dich:

    • Wie sieht meine Körperhaltung aus?
    • Was fühlst Du in Dir?
    • Worauf zielt Deine Aufmerksamkeit?
    • Was sagst Du und wie sagst Du es?

3er Übungen

Übung

Sucht in der Kleingruppe nach Aussagen mit Symbolen und Metaphern und findet dazu eine Erwiderung, die Ihr für sinnvoll erachtet. Tragt diese dann am Flip-Chart der anderen Kleingruppe vor. Diese Übung zielt darauf ab, die Fähigkeiten des Coachs zu üben, die Aufmerksamkeit des Klienten auf bestimmte Aspekte seiner Erlebniswelt zu richten. Dies wird mit Hilfe der oben aufgeführten Clean Language-Fragen erfolgen.

  • Materialien: Kärtchen oder Blatt mit den 12 Clean Language-Fragen
  • Kategorie-Kärtchen, auf denen jeweils eine der folgenden Kategorien steht:
    Eigenschaften, Ort/Raum, Metapher-Übergang, Zeitbewegung, Beziehung, Wunsch, notwendige Bedingung
  • Kartenhalter: Hält die Kategorie-Kärtchen so, dass der Coach sie lesen kann, aber der Klient nicht. Er muss auf den Klienten hören, damit er informationsrelevante Kärtchen zeigen kann. Auch muss er überprüfen, ob die Antwort des Klienten der vorgegebenen Kategorie entspricht.
  • Coach: Lädt den Klienten ein, seine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt seiner Erfahrung zu lenken. Er stellt die passende Clean Language-Frage zu der Kategorie, die vom Kartenhalter gezeigt wird. Die natürliche Integration in das Gespräch ist das Ziel.
  • Klient: Antwortet einfach natürlich auf die Fragen des Coachs. Kürzere Antworten sollten bevorzugt werden, um dem Coach Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen.

3er Übung Ablauf

  1. Coach fragt: „Was würdest Du Dir wünschen, das passiert?“
  2. Klient antwortet.
  3. Kartenhalter zeigt dem Coach eine Kategorie.
  4. Coach stellt eine passende Clean Language-Frage mit Verknüpfung zum Thema des Klienten.
  5. Klient antwortet.
  6. Kartenhalter wechselt die Karte, falls die Antwort des Klienten der Kategorie entspricht, oder behält sie bei, wenn nicht.

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