Die Zeitmaschine

Taschenuhr
Taschenuhr (Pixabay: © Bru-nO)

Die Zeitmaschine ist ein Coaching-Tool von Martin Hagen und Eberhard Hauser, das Entscheidungsfindungen erleichtern soll. Außerdem soll es dabei helfen, Handlungsoptionen aus einer zukünftigen Perspektive zu entdecken.

Wenn sich ein Coachee in einer „Sackgasse“ befindet, bei einem bestimmten Handlungsthema in einem Zwiespalt steckt oder eine sehr schwierige Entscheidung treffen muss, so ist dieses Tool ein gutes Hilfsmittel. Des Weiteren dient dieses Werkzeug dazu, eigene Werte zu überprüfen und typische Lebens- und Verhaltensmuster zu identifizieren.

Dieses Coaching-Tool soll dem Klienten neue Handlungsimpulse bei schwierigen Entscheidungen fürs Leben vermitteln. Der Klient soll dabei auf die Vergangenheit zurückblicken und sich seine neue Zukunft vorstellen. Wird das Tool richtig angewandt, so wird der Klient neue Sichtweisen für schwierige Entscheidungen oder Situationen entdecken. Die Sackgasse, in der sich der Coachee noch kurz zuvor befand wird geöffnet und gleichzeitig noch weitere Blockaden abgebaut. Die eigene Inspiration, die oft von inneren und äußeren Zweifeln gebremst wurde, kann so reiner und bezeichnender wahrgenommen werden.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Katharina ist eine junge Frau, die soeben ihr Studium abgeschlossen hat. Da sie die Beste ihres Jahrgangs war, wird ihr eine erfolgsversprechende Position im Ausland angeboten. Katharina hat aber vor einem Jahr ihren Lebenspartner kennen gelernt, mit dem sie schon seit einiger Zeit plant, eine Familie zu gründen. Nun steht sie vor der Entscheidung eine Karriere aufzubauen oder ihren größten Wunsch zu erfüllen, eine Familie zu gründen. Sie weiß zwar, dass ihr Lebenspartner sie in jeder Hinsicht unterstützen und begleiten würde, ist sich aber nicht sicher, ob sie sich Familie und Karriere gleichzeitig zutraut und ihrem Freund zumuten möchte. Katharina macht sich Gedanken, wo sie sich in ihrem Leben befindet und wo ihr Platz in diesem Lebensabschnitt ist.

Die junge Frau steht vor einem Entscheidung-Dilemma, zu dem sie selbst nach vielen ausführlichen Gesprächen mit anderen keine Lösung findet. Selbst mit geistigen Entscheidungsmethoden und unterschiedlichen Ansätzen kam sie zu keinem Entschluss. Hektik prägte die erste Phase dieses Coaching-Prozesses, denn Katharina sprach immer sehr schnell und arbeitete die Pro- und Contra-Argumente ohne wahrliche Beteiligung ab. Ihr wurde schnell deutlich, dass sie ihre Frage so nicht klären würde.

Der Coach schlug vor, das Ganze in einen anderen Rahmen zu setzen. Er ließ Katharina mit der Zeitmaschine in das Jahr 2032 reisen, ein Stuhl, der ihren Standpunkt zu dieser Zeit verkörpern sollte, half dabei. Auf diesem Stuhl sollte sie sich neu orientieren und in das Jahr 2032 hineinversetzen: Katharina sieht sich als ältere Frau, dessen jüngstes Kind schon längst erwachsen ist. Auf einige wichtige Lebensstationen zurückblickend, erzählt sie ihren Kindern, was in ihrem Leben von großer Bedeutung war. Außerdem erzählt sie ihren Kindern, worauf sie stolz ist und welche Aspekte ihr in der Erziehung besonders wichtig waren. Während sie das alles dem Coach erzählt, entdeckt sie für sich eine Stimme, die sie als die „Stimme der weisen Frau“ bezeichnet.

Der Coach holte die Frau zurück. Zurückgekommen in der Gegenwart, wurde Katharina klar, dass sie sich die Frage soeben selbst beantwortet hatte. Sie wollte den Schritt wagen und die ihr angebotene Karrierechance nutzen. Schließlich bekommt man nicht alle Tage ein solches Angebot und außerdem hat sie auch nicht so viel in ihr Studium investiert, um jetzt keinen Nutzen davon zu haben. Wenn nötig, würde sie ihrem Lebenspartner einen Umzug ins Ausland und eine schwierige Anfangsphase zumuten müssen, denn: sie wollte ihren Kindern mehr als Liebe und Fürsorge bieten können. Katharina möchte ihren Kindern einmal ein Vorbild sein. Sie möchte, dass sie ihre Kinder stolz macht, indem sie Beruf und Familie auf einen Nenner gebracht hat.

Kurz darauf hat Katharina das vielversprechende Angebot angenommen. Sie und ihr Freund sind nach Schweden umgezogen. In ihrem Beruf läuft alles perfekt, selbst der Arbeitgeber unterstützt sie in ihrer Familienplanung und bietet ihr einen Platz für ihr erwartetes Kind in der Kinderkrippe des Unternehmens an. Ihr Lebenspartner hat sich auch gut eingelebt und macht ihr kurz vor der Geburt einen Heiratsantrag. Katharina ist froh, so gehandelt zu haben und freut sich auf die Zukunft als Familie.

Einführung

Eine fundamentale Annahme der systemischen Ansätze besagt, dass eine bestimmte Konstruktion von Vorstellungen, Gedanken und Werten die Basis für das menschliche Handeln sind. Aus verschiedenen Bausteinen „baut“ man sich im Inneren ein in sich stimmiges Bild, eine innere Landkarte der Realität.

Eigene Landkarte
Eigene Landkarte (Pixabay: © Ondřej Šponiar)

Der Vorteil daraus ist der, dass man in vielen Situationen schnell handlungsfähig ist. Die Gleichstellung von voreingenommener und unvoreingenommener Realität zeigt sich bei komplizierten Entscheidungssituationen jedoch oft als Nachteil. Für das Tool "Zeitmaschine" ist die wichtigste Voraussetzung ein empathischer Coach, der sich neutral in das Leben und die Gedanken seines Coachees einfühlen kann. Ansonsten müssen lediglich genug Stühle vorhanden sein und der Coach sollte eine Flip-Chart, sowie Schreibzeug bereithalten. Was für den Coach von Vorteil sein kann, sind Kenntnisse aus der gestalttherapeutischen Stuhlarbeit, ansonsten zählen keine anderen Kenntnisse zu den Voraussetzung, dieses Coaching-Tool zu benutzen.

Der Ablauf

  1. Phase: Vordergrund
    Man sollte als erstes die Problematik des Coachees herausarbeiten und diese in eine sachlich strukturierte Frage zusammenfassen. Für die Wahl der „Zeitmaschine“ gibt es zwei wichtige Kriterien:

    • Das Verlangen nach einer Entscheidung ist vorhanden – der Klient befindet sich in einer „Sackgasse“
    • Normen und Werte scheinen wichtig zu sein
  2. Phase: Hintergrund
    Der Coach trifft während des Coachings oft auf tiefere Lebensthemen. Ein Aufeinandertreffen konkurrierender Werte ist unvermeidbar, der Klient wird von inneren Konflikten beeinträchtigt. Was steht hinter der Frage, die in Phase eins formuliert wurde? Bei Katharina ging es hauptsächlich um die Frage, ob sie sich zunächst für Beruf oder Familie entscheiden soll. Im Hintergrund kamen auch noch andere Fragen auf: Habe ich ein so erfolgreiches Studium absolviert, um es jetzt nicht zu nutzen? Ist der Familienwunsch größer, wie zu zeigen, was ich kann und mich zu beweisen? Möchte ich vielleicht auch als Beispiel für andere junge Frauen vorangehen und zeigen, dass beides zu schaffen ist? Welche Wünsche darf ich als junge Frau an die Welt und meine persönliche Entwicklung stellen?

    In dieser zweiten Phase werden alle aufkommenden Fragen auf einem Flipchart gesammelt. Oft entstehen von allein bestimmte Unterkategorien der Themen. Man spricht daher auch eher von einer „Mind Map“ und weniger von einer strukturierten Themenliste. Dieser „Mind Map“ liegt das Ziel zugrunde, sich der Vielschichtigkeit der Thematik bewusst zu werden und den Rahmen für die nächsten Phasen festzulegen.
  3. Phase: Aktivierung der Zeitmaschine
    Man lädt den Coachee auf eine kleine Abenteuerreise ein. Da die Coachees schon vieles ausprobiert haben, jedoch ohne Erfolg, sind sie zumeist bereit, sich auf dieses kleine Experiment einzulassen. Man erklärt dem Coachee auf eine individuelle Art und Weise, wie das Ganze abläuft: mal zielorientiert („Lassen Sie uns gemeinsam auf die Spur der Zusammenhänge gehen und schauen, wie das Thema von anderen Blickwinkeln betrachtet aussieht“), mal gestellt („Begleiten Sie mich in die Zeitmaschine, Sie sind herzlich willkommen…“).
  4. Phase: Definition von Zeitpunkten
    Erfahrungen zeigen, dass die Betrachtung aus maximal drei Zeitperspektiven am sinnvollsten ist. Hier spielt die Leitfrage nach den bedeutenden Lebensstationen bezüglich des Problems eine wichtige Rolle. Ein Anhaltspunkt ist so gut wie immer der Berufsausstieg – also der Moment im Leben, in dem der Mensch zurückblickt und seine Erfahrung noch einmal wiederspiegelt. Es kann auch sein, dass der Coachee andere, vielleicht sogar näherliegende, Zeiträume zu Verfügung stellt.
  5. Phase: Die Zeitreise
    Der Coach bittet den Coachee, sich auf einen anderen Stuhl zu setzen. Der Coach markiert diesen mit einer anderen Jahreszahl. Für die gesamte Sitzung behält jeder Stuhl die ihm zugeordnete Zahl. Wenn der Coachee in seinem Erzählen in eine Zeit rutscht, die einem anderen Stuhl zugeordnet wurde, so bittet ihn der Coach, sich dorthin zu begeben. Während der ganzen Sitzung hält der Coach Stift und Papier bereit, um sich wichtige Dinge zu notieren. So ist es auch möglich, dem Klienten nach der Sitzung wichtige Aussagen mitzuteilen, sodass dieser sie besser nachvollziehen kann.

    Einführung/Einfühlung: „Herzlich Willkommen in dieser neuen Situation. Fühlen Sie sich zunächst voll und ganz in das Jahr 2028 ein. Sie sind xy Jahre alt und Ihre Kinder alle erwachsen. Sie sind erfolgreich und haben all Ihre Ziele verwirklicht. Vieles in Ihrem Leben ist so gelaufen, wie Sie es sich gewünscht und vorgestellt haben. Nehmen Sie sich ruhig ein wenig Zeit, um sich umzuschauen und in sich hineinzuhorchen, fühlen Sie sich ein in diese neue Zeit.“

    Betrachtung: „Wie sieht ihr momentanes Leben aus? Was spielt eine große Rolle in Ihrem Leben?“

    Rückblick: „Können Sie sich noch an die Zeit xy zurückerinnern, in der Sie die schwere Entscheidung zum Thema xy treffen mussten? Was hat Sie genau bei diesem Thema beschäftigt bzw. zweifeln lassen?“

    Vertiefung: Dem Thema entsprechend wird der ein oder andere Aspekt mit begleitenden Fragen vertieft. Abschied: Zurückorientierung oder Voranschreiten zur nächsten Momentaufnahme oder zur 6. Phase. „Gibt es noch andere wichtige Anhaltspunkte – andernfalls würde ich Sie gerne in das Jahr xy zurück bitten.“
  6. Phase: Die Zurückorientierung
    Man lässt den Klienten in das aktuelle Jahr zurückkehren. Im Anschluss übergibt der Coach seinem Coachee seine Notizen, die er sich während der Zeitreise gemacht hat und lässt sich von ihm erzählen, was für ihn von Bedeutung war. Oft braucht der Zeitreisende noch ein bisschen, um sich neu zu ordnen und das Gehörte und Gefühlte zu realisieren. Manchmal auch, um sich von Vertrautem verabschieden zu können. Zum Abschluss dieser Phase schauen Coach und Coachee gemeinsam auf das erarbeitete Flip-Chart zu den Wert-Fragen (vgl. 2. Phase: Was wurde von den Wert-Fragen angesprochen? Wurde etwas klarer? Wo gab es Verschiebungen des Bedeutungsgrades?)
  7. Phase: Der Abschluss
    In der letzten Phase werden die wesentlichen Ergebnisse, also neue Erkenntnisse und Leitsätze noch einmal neu formuliert. Der Coach leitet mit Hilfe von Handlungsimpulsen den Coachee in die Richtung, für sich die nächsten Schritte zu formulieren und den weiteren Umgang mit der Coaching-Ursache.

Lesen Sie weiter:




Coach werden E-Book

Nutze die Tipps der NLP-Lehrtrainer Evi Anderson-Krug und Stephan Landsiedel um erfolgreich als Coach zu starten.

E-Book für 0,- €
Wie werde ich Coach?

Erfahren Sie wie Sie als Coach erfolgreich starten können.

  • Welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen benötigen Sie?
  • Welche Coachingmethoden sollten Sie kennen und wie finden Sie die passende Ausbildung?
  • Welches Honorar können Sie als Coach erzielen?

Zurück zum Seitenanfang