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Was hat es mit dem GROW-Modell auf sich, das gern als Leitfaden für Coaching-Sitzungen hergenommen wird? Ist es einfach nur ein praktisches Tool – oder überfordert es, bei allzu starrer Anwendung, die Klienten? Finde es selbst heraus!
Inhaltsverzeichnis
Das GROW-Modell wurde von John Whitmore, einem Coach und ehemaligen Profi-Rennfahrer, entwickelt. Es strukturiert den Ablauf einer Coaching-Sitzung nach einer bestimmten Reihenfolge. GROW dient dabei als Abkürzung und steht im ursprünglichen Werk von Whitmore (Coaching for Performance; London 1992) für
In der Praxis werden die Punkte oft erweitert um „Obstacles“ (Hindernisse), „Opportunities“ (Chancen, Möglichkeiten), sowie „Way Forward“ (das weitere Vorgehen) bzw. „When, Where, Who?“
Das Modell wird häufig von Führungskräften für Mitarbeitergespräche und Zielvereinbarungen genutzt. Auch für Coaching-Gespräche dient es als Leitfaden. Die Fragen folgen einem konkreten Ablauf, um alle relevanten Bereiche abzudecken und den Prozess zu strukturieren.
Zu Beginn steht die Zielsetzung und – Formulierung. Hier kann es sich um messbare Leistungsziele handeln (Was will ein Mitarbeiter konkret erreichen? Welche genauen Umsatzzahlen? Steigerung der Produktivität in bestimmter Höhe? etc.) oder um Endziele (z.B. Abteilungsleiter werden). Letztere hängen oft noch von anderen Faktoren ab und sind daher nicht komplett vom Klienten beeinflussbar. Die Frage „Was möchten Sie erreichen?“ reicht an dieser Stelle nicht aus. Die Zielsetzung und die entsprechenden Fragen sollten nach weiteren Kriterien erfolgen:
Als zweiter Schritt wird die aktuelle Ausgangssituation beleuchtet:
Auch eine Bestandsaufnahme der bisherigen Handlungen und Ergebnisse kommen hier in den Fokus:
Möglicherweise muss an dieser Stelle das Ziel nochmals korrigiert bzw. im Detail angepasst werden.
Als nächstes wird ein Handlungsplan entworfen:
Hier kann der Klient verschiedene Möglichkeiten notieren und gedanklich durchspielen. Auch die jeweiligen Vor- und Nachteile der genannten Ideen werden beleuchtet. Zudem können hier die potenziellen Hindernisse auf dem Weg zum Ziel benannt und unter die Lupe genommen werden.
Wichtig ist, dass der Coach keine Vorschläge macht, sondern die Ideen vom Klienten selbst kommen.
An dieser Stelle des Prozesses werden genaue Vereinbarungen getroffen, bzw. die verbindliche Zustimmung des Klienten eingeholt, auch aktiv etwas zur Zielerreichung zu unternehmen. Die Fragen in dem Zusammenhang sind:
Natürlich können die Fragen auch abgewandelt und ergänzt werden. Einerseits sind die Fragen sehr klar und der Coach kann sehr detailliert nachhaken, um den Klienten wirklich zu präzisen Aussagen zu bringen. Andererseits kann es sehr schnell wie ein Verhör wirken und den Klienten verschrecken. Hier ist Fingerspitzengefühl nötig und ein Gespür des Coaches, ob der Klient überrollt und überfordert ist. Abschließend kann der Klient auf einer Skala von eins bis zehn angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit er die erforderlichen Schritte auch wirklich durchführt. Es geht nicht darum, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, damit das Ziel zu erreichen, sondern die tatsächliche Durchführung. Sollte der Punktwert niedriger als acht sein, kann der Coach nachfragen: unter welchen Bedingungen wäre eine Neun oder Zehn möglich? Beispielsweise bei einem kleineren Arbeitsumfang, oder mit mehr Zeit zum Erreichen der Aufgabe? Zuletzt werden die notierten Schritte nochmals miteinander durchgegangen und eventuelle Missverständnisse geklärt, bevor der Klient sich an die Umsetzung macht.
Das Modell wird in erster Linie zur Zielerreichung genutzt. Daher ist es bei jedem Schritt erforderlich, auch das ursprünglich genannte Ziel nochmals zu überprüfen:
Das Modell eignet sich auch im Selbstcoaching oder für die eigene Zielplanung als Analyse-Tool, um neue Vorhaben auf den Weg zu bringen. Hier sind die detaillierten Fragen sehr nützlich, um alle Seiten gründlich zu beleuchten.
Die Struktur des GROW-Modell scheint sehr klar und hilfreich, doch die festgelegte Reihenfolge und die präzisen Fragen verführen dazu, das Schema allzu starr einzuhalten. Es ist nicht immer sinnvoll, mit der Zielsetzung zu beginnen, sondern lieber mit einer aktuellen Bestandsaufnahme und davon die Ziele abzuleiten. Ratsam ist, als Coach flexibel mit den einzelnen Bausteinen umzugehen und die Fragen zu erweitern und zu variieren. Vor allem die nonverbalen Signale des Klienten, vor allem mögliche Inkongruenzen und Widerstände gegen das Vorgehen sind zu beachten. Aufgabe des Coaches ist es, sich dessen bewusst zu sein und verantwortungsvoll mit diesem Tool umzugehen. Selbst John Whitmore, der das Modell ja schließlich entwickelte, nahm später von der starren Vorgehensweise Abstand. In einem Interview mit der „Eastern Daily Press“ gab er im November 2013 zu, dass er mit dem GROW-Modell nicht allzu glücklich ist. Er bezeichnete es als „nicht menschlich genug“, und dass es zu viel vorschreibt. Bei dieser Vorgehensweise „haben Sie keine persönliche Beziehung mit Mitarbeitern“, so Whitmore. Fazit: Es ist als Leitfaden nützlich und hilfreich, und manchmal eben auch nicht die passende Vorgehensweise. Der Erfolg des Modells hängt auch stark von einer guten Beziehung / dem guten Draht zwischen Klienten und Coach ab.
Je nach Ziel 60-120 Minuten, ggf. auch länger
Coaching for Performance: The Principles and Practices of Coaching and Leadership (People Skills for Professionals)
240 Seiten, Nicholas Brealey Publishing; Auflage: 4 (4. Juni 2009) ISBN 185788535X Sir John Whitmore
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