Shadowing

Lesezeit: 10 Minuten

Hatten Sie schon einmal einen Schattentag? Es handelt sich hier nicht um einen Tag mit trübem Wetter, sondern um ein Instrument, das zunehmend im Businesscoaching eingesetzt wird. Wie ein Schatten folgt dabei der Coach seinem Klienten: er beobachtet ihn im Arbeitsalltag, bei täglich wiederkehrenden Routinetätigkeiten ebenso wie bei herausfordernden Aufgaben.




Herkunft / Hintergrund

Shadowing
Shadowing (Unsplash: © John Robert Marasigan)

Shadowing zählt zu den Diagnose-Tools im Coaching-Kontext. Der Coach begleitet dabei seinen Klienten mehrere Stunden oder auch Tage in seinem Arbeitsprozess. Dabei hält er sich in der Regel komplett zurück, greift nicht ein, beobachtet nur. Anschließend gibt es ein detailliertes Feedback-Gespräch über das, was der Coach beobachten und feststellen konnte. Dieses Feedback kann sich beispielsweise beziehen auf

  • Verhalten in außergewöhnlichen und miterlebten Situationen
  • Kommunikationsverhalten (mit Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern)
  • Auftreten und Wirkung
  • Führungsverhalten
  • Präsentationsverhalten
  • Konfliktmanagement etc.

Das Shadowing bzw. das Feedbackgespräch kann auch die Grundlage für einen ausführlichen Coaching-Prozess sein, der sich anschließt.

Besonders Führungskräfte haben selten einen direkten Ansprechpartner, der ihnen Feedback über ihr Verhalten und ihre Arbeit liefert. Ein Coach, der durch Shadowing typische Arbeitstage begleitet, kann hier ein wichtiger Sparringspartner sein. Er kann durch seine Beobachtungen und Erkenntnisse wertvolle Hinweise auf Entwicklungsmöglichkeiten der Führungskraft geben.

Ziel

  • Vorbereitung, Diagnose und Grundlage für Coaching
  • Aufdecken von blinden Flecken
  • Potenzial-Analyse
  • Detailliertes Feedback zur Verbesserung der Kommunikation im Unternehmen / mit Kunden
  • Grundlage für Verbesserung von Abläufen im Unternehmen

Vorbereitung eines Shadowing-Auftrags

Schatten
Schatten (Unsplash: © SHTTEFAN)
  • Was ist das Ziel des Auftrags? Was genau soll beobachtet werden? Auftreten, Interaktion mit Mitarbeitern, Führungsverhalten, Zeitmanagement, Telefonverhalten?
  • Was möchte der Klient für sich erreichen, was möchte er verändern und verbessern? Gibt es wiederkehrend auftretende Konflikte oder Schwierigkeiten, z.B. im Team, in Besprechungen, bei Prozess-Abläufen?
  • Wer soll Zugang zu den Ergebnissen erhalten? Vorgesetzter oder nur der Klient selbst? Hier ist wichtig, bei der Auftragsklärung darauf zu achten, ob das Shadowing für einen Mitarbeiter freiwillig geschieht oder ob sich der Klient dazu genötigt fühlt. Im letzteren Fall kann es zu verfälschten Ergebnissen kommen, da die Kooperation nicht gewährleistet ist.
  • In welchen Situationen, an welchen Tagen, bei welchen Projekten soll das Shadowing stattfinden? Sind es einzelne Stunden oder wird ein ganzer „Schattentag“ als sinnvoll erachtet, bei dem der Coach auch ungeplante Tagesabläufe miterlebt?
  • Wie wird der begleitende Coach den anderen Kollegen gegenüber vorgestellt? Ganz offen als Coach? Oder als Praktikant / Hospitant, der zum Lernen gekommen ist?
  • Auf welche Art und Weise soll beobachtet werden? Unstrukturiert, um unvoreingenommen den Klienten und sein Verhalten auf sich wirken zu lassen? Teilstrukturiert mit bestimmten Schwerpunkten, auf die geachtet werden soll? Oder nach einem vorher festgelegten Schema, das nur bestimmte Bereiche abdeckt?
  • Gibt es bestimmte Schwerpunkte, z.B. Prozessabläufe, Kommunikationsszenarien?
  • Wie werden Beobachtungen dokumentiert? Schriftlich oder mit Audio-Aufzeichnung?
  • Darf oder soll der Coach eingreifen? Zwischenfeedback geben?
  • Wie soll mit heiklen Gesprächssituationen umgegangen werden, bei denen ein Mitarbeiter oder Kunde keinen weiteren Beobachter möchte?

Verschiedene Arten von Shadowing

Beobachtung

Der Coach verbringt den vereinbarten Zeitraum mit dem Klienten und beobachtet ihn bei seiner täglichen Arbeit. Dies umfasst alle Aktivitäten, die an diesem Tag anfallen, von der Email-Bearbeitung, Teilnahme an Meetings bis zu Kunden- oder Mitarbeitergesprächen. Es sollte ein typischer Tag dafür ausgewählt werden. Sinnvoll ist diese Form vor allem, wenn der Klient neue Führungsverantwortung oder neue Aufgaben übernehmen soll und noch nicht sicher ist, wo genau seine Stärken und Entwicklungspotenziale sind.

Regelmäßige Briefings

Hier beobachtet der Coach den Klienten über einen gewissen Zeitraum nur bei bestimmten Aktivitäten (z.B. Moderation von Konferenzen, Kundenbesuche etc.) So kann das Verhalten in einem vorher festgelegten Arbeitsbereich sehr fokussiert beobachtet werden. Hier bieten sich vorbereitende und nachträgliche Besprechungen an, sowie ein Feedback darüber, wie sich mögliche Verbesserungsideen an den Folgeterminen umsetzen ließen. Sofern Kollegen in der Nähe des Klienten arbeiten, braucht es eine gute Planung und Timing des Shadowing-Einsatzes, damit es nicht störend für die anderen wird.

Mitarbeit / Übernahme von Aufgaben

In dieser Variante übernimmt der Coach einen Teil der Aufgaben des Klienten. Dadurch erfährt der Beobachter/Coach auf praktische Art etwas über den Arbeitsalltag des Klienten. Inwieweit diese Variante sinnvoll ist (manchmal entwickelt sich daraus ein Training-on-the-job), muss im Vorfeld gut besprochen werden.

Vorteile von Shadowing

  • Externer Beobachter bemerkt auch Dinge, die im Alltag der Beteiligten völlig selbstverständlich sind
  • Blinde Flecken werden aufgedeckt
  • Stärken und Schwächen des Unternehmens und einzelner Mitarbeiter können erkannt und gefördert werden

Nachteile

  • Anwesenheit von Beobachter ist niemals neutral, die normalen Abläufe werden durch einen beobachtenden Dritten beeinflusst
  • Beobachter werden teilweise mit in den Prozess hineingezogen oder in Gespräche verwickelt
  • Zeitaufwändige Methode

Quelle / Weiterführende Literatur:

Handbuch Systemisches Coaching: Für Coaches und Führungskräfte, Berater und Trainer

Handbuch Systemisches Coaching: Für Coaches und Führungskräfte, Berater und Trainer

300 Seiten, Beltz; Auflage: 2 (13. August 2012)
ISBN 3407365225

Eckard König, Gerda Volmer

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Diagnostik im Coaching: Grundlagen, Analyseebenen, Praxisbeispiele

Diagnostik im Coaching: Grundlagen, Analyseebenen, Praxisbeispiele

358 Seiten, Springer; Auflage: 2014 (13. Februar 2014)
ISBN 3642379656

Heidi Möller, Silja Kotte

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