Kommunikations­modelle

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Definition

Um zu erklären, was ein Kommunikationsmodell ist, ist es wichtig sich zuvor bewusst zu machen, was überhaupt Kommunikation ist. Kommunikation an sich wird interdisziplinär erforscht.

In der Soziologie geht man davon aus, das Kommunikation ein sozialer Prozess zwischen mindestens 2 Menschen ist.


In den Sprachwissenschaften wird vermutet, dass Sprache ein Medium für Kommunikation ist, über welches 2 Menschen interagieren können.


Aus technischer Sicht ist Kommunikation eine reine Informationsübertragungsform, zwischen 2 Parteien (bspw. auch 2 Computern).

Gemeinsam haben all diese Definitionen, dass sie Kommunikation als einen wechselseitigen Prozess sehen welcher Informationen überträgt. Bei diesem Prozess gibt es immer mindestens 2 Interakteure: einen Sender & einen Empfänger. Kommunikation ist in jeder dieser Disziplinen von 3 Hauptmerkmalen abhängig: der Übertragung, der Wechselseitigkeit und der Umweltbezogenheit. Dabei wird jeder dieser Begriffe in der jeweiligen Disziplin auf einen anderen Kontext bezogen.

Kommunikationsmodell

Übersicht über konkrete Modelle & Ziele

Im Internet und der Fachliteratur lassen sich unglaublich viele verschiedene Kommunikationsmodelle finden. Grundsätzlich unterscheiden lassen sich diese in: Funktionsmodelle, Medienwirksamkeitsmodelle, zwischenmenschliche Kommunikationsmodelle und kulturbasierte Modelle. Im Folgenden werden exemplarisch für die großen 4 der Kommunikationsmodelle (Funktions-, Medienwirksamkeits- & zwischenmenschliche Kommunikationsmodelle) verschiedene Modelle vorgestellt werden. Die vorgestellten Modelle zählen dabei zu den heute & geschichtlich am relevantesten Modellen. Zuletzt finden Sie noch eine Vergleichstabelle, in welcher jedes Modell einmal kurz zusammengefasst wird. Exemplarisch vorgestellt werden:

Liste der konkreten Kommunikationsmodelle

Funktionsmodelle:Organomodell (Bühler)
klassisches Kommunikationsmodell (Schulz von Thun)
Medienwirksamkeitsmodelle:Sender-Empfänger-Modell (Shannon & Weaver) → S-R und S-R-O-Modell
zwischenmenschliches Modell:zirkuläres Modell (Watzlawick)

Kommunikationsmodelle Timeline

Ziele

Primäres Ziel jedes Kommunikationsmodells ist es natürlich erst einmal Kommunikation als Ganzes erklären und begreifen zu können. Viele Kommunikationsmodelle versuchen weiterhin auch gescheiterte Kommunikation, also Kommunikationsprobleme zu erklären. Je nach Modellart & Anwendungsbereich (technisch, soziologisch oder sprachwissenschaftlich) wird weiterhin versucht Kriterien zu finden, welche die Kommunikation verbessern können.

Das Organomodell – Bühler (1934)

Nach Bühler hat Sprache grundsätzlich 3 Funktionen.


  1. Ausdrucksfunktion
  2. Darstellungsfunktion
  3. Appell

Organomodell

Die Ausdrucksfunktion zeichnet sich durch Aussagen über den Sender an sich aus, also durch bestimmte Zeichen. Die Darstellungsfunktion macht aus den Zeichen Symbole, welche für Gegenstände und Sachverhalte stehen können. Schließlich werden durch die Appellfunktion aus den Symbolen Signale, welche sich direkt an den Empfänger richten

Sender-Empfänger-Modell nach Warren Weaver & Claude E. Shannon (1940)

Das Sender-Empfänger Modell ist das wahrscheinlich bekannteste Kommunikationsmodell. Hervorgegangen ist das Modell aus der Mathematik. Es wird darum ähnlich wie das klassische Kommunikationsmodell von Schulz von Thun zu den Encoder/ Decoder-Modellen gezählt.

Sender-Empfänger-Modell

Sender-Empfänger-Modell Störungsquelle

Nach Weaver & Shannon funktioniert Kommunikation immer nach dem Signalübertragungsprinzip und ist lediglich als ein Austausch/Übertragung von Informationen anzusehen. Es gibt also einen Sender (auch Transmitter), welcher eine Botschaft verschlüsselt und sie in Form eines Signals durch ein Sendegerät (bspw. Sprache) los sendet. Durch einen bestimmten Sinneskanal nimmt der Empfänger (auch Receiver oder Adressat) das Signal entgegen und entschlüsselt/dekodiert es. Ersichtlich wird also die eigentliche Botschaftsbedeutung ist in diesem Modell für die Kommunikation relativ irrelevant. Ob die Kommunikation zwischen Sender & Empfänger funktioniert ist damit lediglich von der Übertragung abhängig. Vorstellen kann man sich diese wie bei einem Fernseher oder Radio. Fahre ich mit dem Auto in einen älteren Tunnel, so funktioniert mein Radio nicht mehr richtig und man hört nur noch eine Art ‚Rauschen‘. In der menschlichen Kommunikation könnten damit Störungsquellen bspw. der Straßenlärm oder die einen Menschen umgebenen Gespräche sein. Später wurde zu dem Vorhanden sein von möglichst wenig Störungsquellen auch noch die Aufmerksamkeit beider Kommunikationspartner und ein ähnliches Wissen an Zeichen & Wortbedeutung als grundsätzliche Voraussetzungen für eine funktionierende Kommunikation hinzugezählt.

In der heutigen Forschung ist das klassische Sender-Empfänger-Modell ehr als kritisch zu betrachten, da es, ähnlich wie das Reiz-Reaktions-Modell (auch Stimulus-Responds-Modell genannt) in der Konditionierungslehre, nicht das innen Leben des Organismuses mit einschließt. Neuere Ansätze versuchen darum den Organismus mit in die Reiz-Reaktions-Gleichung mit einzubeziehen, in dem sie auch Motivations-, Entscheidungs- und Lernprozesse mit einbeziehen. Dieser neobehavioristische Ansatz wird u.a. stark von Robert S. Woodworth vertreten.

Zirkuläres Modell – Watzlawick (1969)

Watzlawick geht im Unterschied zu den bisher vorgestellten Modellen nicht von einem gradlinigen Verlauf der Kommunikation aus sondern davon, dass Kommunikation kreisförmig verläuft. Damit ist eine erfolgreiche Kommunikation sowohl vom Verhalten des Senders, als auch von der Reaktion des Empfängers auf die gesendete Botschaft abhängig. Damit unterscheidet es sich stark durch seine dynamische & interaktive Sichtweise von den bereits vorgestellten Enkodier-/ Dekodier Modellen von Schulz von Thun und Shannon & Waever. Grundannahme von Watzlawicks Kommunikationsmodell ist, dass es 5 Axiome (nicht wissenschaftlich beweisbare Grundsätze), gibt nach welchen Kommunikation funktioniert. Da es sich bei den Axiomen, wie bereits erwähnt, um nicht wissenschaftlich beweisbare Grundsätze handelt, sehen viele Wissenschaftler Watzlawicks Theorie als kritisch zu betrachten an.

  1. Axiom der Unmöglichkeit des Kommunizierens

    Grundsatz: Man kann nicht nicht kommunizieren.

    Das erste Axiom geht davon aus, dass jedes Verhalten einen Mitteilungscharakter hat. Egal ob ich nur in der Bahn sitze und ein Buch lese oder durch den Park spaziere- dauerhaft sende ich Kommunikationssignale an meine Mitmenschen über mein Verhalten aus. So würden mich Menschen in der Bahn vermutlich nicht ansprechen, da ich in mein Buch vertieft wirke; während ich durch einen Park spaziere vermutlich leicht neue Menschen kennenlerne. Jedes Verhalten sendet also auch eine kommunikative Nachricht. Da Menschen sich dauerhaft Verhalten, kommunizieren sie also auch dauerhaft. Die Wirkung, welche unser Verhalten auf unsere Kommunikation hat ist dabei immer von der Interpretation abhängig. So werde ich im Zug vllt. ehr von jemandem angesprochen, der sich ebenfalls für das Buch interessiert. Und im Park ehr nicht beachtet wenn das Gegenüber selbst in das Schreiben einer SMS vertieft ist.
  2. Axiom der Inhalts- & Beziehungsaspekte von Kommunikation

    Grundsatz: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- & Beziehungsinhalt.

    Jede Kommunikation hat einen Inhalts- & Beziehungsinhalt. Den Inhaltsaspekt bildet dabei immer die „was“ Botschaft, er wird häufig verbal kommuniziert und beinhaltet eine Sachinformation. Den Beziehungsaspekt bildet die „wie“ Botschaft, er kann verbal, an dem Tonfall aber auch nonverbal an Gestik und Mimik erkannt werden. Manchmal kommt es zu Widersprüchen innerhalb der Botschaften von Beziehungs- & Inhaltsinhalten, häufig ist das der Fall wenn bspw. das rhetorische Mittel der Ironie angewendet wird. Aus diesem Grund ist die Unterscheidung von Inhalts- & Beziehungsaspekten einer Botschaft von großer Bedeutung. Häufig werden bspw. Streits in einer Partnerschaft auf einer Inhaltsebene geführt, wobei das eigentliche Problem auf der Beziehungsebene liegt. Bspw. kann ein Streit über die täglichen Hausarbeiten mit dem Wunsch nach vermehrter Zuwendung zusammen hängen. Kommunikationsstörungen betreffen damit also häufiger die Beziehungs- als die Inhaltsebene.
  3. Axiom der Interpunktion von Ereignisfolgen

    Grundsatz: Kommunikation ist kreisförmig & wird unterschiedlich wahrgenommen.

    Kommunikation wird, wie bereits erwähnt, nach Watzlawick als ein zirkuläres System betrachtet. Was genau also Ursache und was Wirkung ist liegt in der Interpretation des Betrachters. Watzlawick geht, als Vertreter des Konstruktivismus davon aus, dass jeder Mensch sich selbst seine eigene subjektive Wirklichkeit formt. Diese entsteht durch die Erfahrungen & Urteile, die der Mensch in seinem bisherigen Leben gemacht hat, diese bezeichnet man als „Ereignisfolgen“. Differenzieren die subjektiven Wirklichkeiten der Interaktionspartner nun stark, so kann es so zu einer Kommunikationsstörung kommen. Ein Beispiel dafür stellt die berühmte „Hammer“-Geschichte da.

    Ein Mann möchte sich einen Hammer von seinem Nachbarn leihen. Auf dem Weg zum Nachbarhaus überlegt er, ob der Nachbar ihm den Hammer nun wohl wirklich leihen wird, denn in den letzten Tagen hat sich dieser ihm gegenüber häufig sehr abwertend verhalten, auf der Straße nicht gegrüßt und einige Einladungen mit der Begründung er hätte keine Zeit ausgeschlagen. Als der Mann die Tür des Nachbarn schließlich erreicht ist er der festen Überzeugung, dass der Nachbar ihm den Hammer sowieso nicht leihen wird. Als der Nachbar nun die Tür öffnet brüllt er ihn an „Behalten Sie doch Ihren blöden Hammer!“ und geht – ohne Hammer – zurück nachhause.
  4. Axiom der analogen vs. digitalen Kommunikation

    Grundsatz: Menschen kommunizieren immer sowohl analog als auch digital.

    Ähnlich wie die Inhalts- & Beziehungsinhalte einer Nachricht ergänzen sich analoge und digitale Kommunikation häufig. Unter digitaler Kommunikation versteht man die reine inhaltliche Kommunikation zwischen zwei Menschen- also das reine miteinander sprechen. Im Gegensatz dazu steht die analoge Kommunikation welche die Körpersprache, die Sprechweise, die Tonart und den Kontext des Gesprächs bezeichnet.
  5. Axiom der symmetrischen vs. der komplementären Kommunikation

    Grundsatz: Kommunikation ist entweder gleichwertig oder ergänzend.

    Grundsätzlich lässt sich Kommunikation in gleichwertige und ergänzende Kommunikation einteilen. Ergänzende Kommunikation (auch komplementäre Kommunikation) kommt immer dann zum tragen, wenn Verhaltensweisen unterschiedlich sind. So hört bspw. ein Schüler zu und stellt Fragen, während der Lehrer referiert und Fragen beantwortet. Gleichwertige Kommunikation (auch symmetrische Kommunikation) versucht immer Unterschiede zu vermeiden, so würden Schüler unter einander, welche gemeinsam ein Referat halten müssen bspw. alle die gleichen kommunikativen Funktionen übernehmen. In welcher Form der Kommunikation wir kommunizieren variiert dauerhaft und stark.

Kommunikationsstörungen können nach Watzlawick in vielfältiger Form auftreten. Meistens handelt es sich bei diesen um Verstöße gegen Axiome. Gelöst werden können diese durch Metakommunikation, also durch eine Kommunikation über das aktuelle Gespräch. Häufig wählen Menschen, welche sich in einem Kommunikationsproblem befinden ganz automatisch den Weg der Metakommunikation um das Problem zu lösen. Beispiele dafür stellen Fragen und Sätze dar wie: „Meintest du das wirklich so?“, „Lass uns nochmal über unser Gespräch von gestern sprechen.“ oder „Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich da richtig verstanden habe.“

Klassisches Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun (2000)

Das klassische Kommunikationsmodell von Schulz von Thun, wurde erstmals 1980 entwickelt, im Jahr 2000 jedoch dem neueren Forschungsstand angepasst. Das Modell von Schulz von Thun zeichnet sich besonders durch seine leichte praktische Anwendbarkeit aus, denn durch diesen Ansatz kann das eigene Kommunikationsverhalten schnell & einfach überprüft werden. In seiner neusten Theorie greift von Thun Ideen von Watzlawick (1969) und Bühler (1934) auf und bringt diese gemeinsam zu einer neuen Sichtweise. Empirisch überprüft werden konnte das Modell von Schulz von Thun bis heute jedoch noch nicht, teilweise enthält seine Theorie auch einige heuristisch wirkende Anteile, welche ebenfalls kritisch zu betrachten sind.

Generell geht von Thun davon aus, dass die menschliche Kommunikation immer aus 4 Perspektiven betrachtet werden sollte. Dabei unterscheidet er jedoch unter den Kanälen des Empfängers und des Senders.

Sender Kanäle sind…
„die vier Schnäbel“

  1. Sachinhalt
  2. Selbstoffenbarung
  3. Beziehungsaussagen
  4. Appell
Empfänger Kanäle sind…
„die vier Ohren“

  1. Sachohr
  2. Offenbarungsohr
  3. Beziehungsohr
  4. Appellohr


Sachinhalt… Bezeichnet die Thematik über welche informiert wird. Also die Information.
Selbstoffenbarung… Ist eine Kombination aus der Selbstdarstellung & der ungewollten Selbstenthüllung. Also der Teil den wir von uns selbst in der Kommunikation zeigen.
Beziehungsaussagen… Ist der Teil der Nachricht, welche Aufschluss über die Beziehung zwischen Empfänger & Sender gibt.
Appell… Ist die vom Sender gewünschte Wirkung, welche mit der Nachricht an den Empfänger übermittelt werden soll.

Beispiel

Der Sender sagt im Winter „Mir ist warm“. Damit möchte der Sender dem Empfänger einerseits mitteilen, dass ihm warm ist (Sachinhalt). Andererseits jedoch auch zeigen, dass er stark ist und auch kältere Temperaturen ohne bspw. Jacke aushalten kann (Selbstoffenbarung).

Klassisches Kommunikationsmodell

Handelt es sich beim Sender nun bspw. um den Freund und beim Empfänger um die Freundin, so könnte die Beziehungsbotschaft in diesem Fall lauten: „Ich kann dich wärmen wenn du frierst“. Der Appell könnte in unserem Fall damit sein „Ich kann dir meinen Pullover leihen“. Der Empfänger nimmt jetzt den Sachinhalt der Information wahr „Okay, Person A ist warm“, sie interpretiert daraus die Selbstoffenbarung Person A schwitzt schnell und die Beziehungsbotschaft „Du bist schuld daran, dass mir warm ist, weil du immer die Heizung so hochdrehst.“. Darum entscheidet sich Person B dazu die Heizung runter zu drehen (missverstandener Appell).

Am eben beschriebenen Beispiel wird bereits ersichtlich, dass auch nach dem Modell von Schulz von Thun es in einer Kommunikation schnell zu Schwierigkeiten & Missverständnissen kommen kann. Die Qualität der Kommunikation ist dabei häufig abhängig von der Entschlüsselung/ Verschlüsselung des Senders oder Empfängers. Nach der eben vorgestellten Theorie sind Auslöser für solche Missverständnisse häufig Differenzen zwischen der Intention des Senders und der Wahrnehmung des Empfängers. So möchte Person A in unserem Fallbeispiel eigentlich seine Unterstützung anbieten und fürsorglich wirken, bei Person B kommt jedoch ehr die negative behaftete Aufforderung zum herunterdrehen der Heizung an.

Besonders einseitige Empfangsgewohnheiten können darum eine Kommunikationsstörung auslösen. So interpretieren bspw. Menschen mit einem übergroßen Offenbarungsohr häufig in eine Sachinformation Kritik mit hinein. Während Menschen mit einem ehr geringem Selbstwertgefühl häufig ein stärkeres Appellohr zeigen.




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