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Zwischenmenschliche Konflikte sind eine Chance. Sind zwei Gesprächspartner in Streit geraten, erleben sie ihre Unstimmigkeit sowie angenehme und unangenehme Emotionen. Wenn sich beide beruhigt haben, ist der Raum da: für ein klärendes Gespräch. Der folgende Text führt Dich Schritt für Schritt ein, in die dabei anzuwendende Metaebene der Kommunikation. Als zukünftiger Coach oder am Thema Interessierter erhälst Du hier das Handwerkszeug dafür. Die Expertentasche ist gefüllt mit den grundlegenden Begriffen. Sie enthält Anwendungsbeispiele, zum Beispiel aus dem Coaching und der Pädagogik. Für vertiefendes Lernen gibt es Gedankenmodelle des Sprachtrainers Schulz von Thun dazu und Wirklichkeitskonstruktionen von Paul Watzlawick. Hast Du Lust, die Expertentasche ‚Metaebene‘ zu ergreifen und zu lernen, anderen Menschen erklären zu können, was es heißt: „Man kann nicht nicht kommunizieren“? Hier geht es los:
Inhaltsverzeichnis
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Der Duden bestimmt den Begriff der ‚Metaebene‘ als: „übergeordnete Stufe, Ebene“.
‚Metaebene‘ bedeutet, mit simplen Worten beschrieben: Gestern haben zwei Menschen ein Gespräch geführt. Sie sind im Streit auseinandergegangen. Heute treffen sie sich erneut, um über das vergangene Gespräch zu reden und sich wieder anzunähern. Die Unterredung heute ist die Metaebene. Beide Personen betrachten das Gespräch aus einer Distanz, „von oben“. Sie sind nicht mehr emotional. Ihre Worte sind sachlich.
Ein Abteilungsleiter erlebt wiederkehrende Konflikte mit seinem Bereichsleiter. Allein kommt er bei der Klärung nicht weiter. Gleichzeitig möchte er nicht auf seinen Vorgesetzten zugehen und ihn um Aussprache bitten. Ihn beschäftigen die Schwierigkeiten so sehr, dass er nachts nicht mehr durchschlafen kann. Er beschließt, einen Coach um Unterstützung anzufragen. Diese Gespräche würden in einer Metaebene ablaufen. Sie zeichnet sich durch zeitliche und örtliche – und hier auch teilweise personelle – Distanz zum Konflikt aus. Der Arbeitnehmer hat den ursprünglichen Dialog verlassen. Auch wenn gerade ein Meinungsaustausch am Nachbartisch stattfindet und jemand aus der Entfernung zuhört, hat er sich als Beobachter auf die Metaebene begeben. Ähnliches gilt, wenn ein Mensch einer Konversation am selben Tisch lauscht und nicht am Dialog teilnimmt. Zum Beispiel gibt es Beratergespräche mit zwei Profis (Reflecting Team), die einen Klienten unterstützen. Während ein Coach mit dem Kunden redet, hört der andere nur zu und fertigt Notizen zum Gespräch an. Diese setzen die Coaches im Nachhinein für einen Metalog ein: eine Reflexion oder Supervision. Dabei präsentiert der Coach aus der vorherigen Beobachterrolle seine Ergebnisse über die Interaktion des Klienten mit seinem Kollegen.
Man unterscheidet wörtliche und nonverbale Mitteilungen (Körpersprache / Mimik, Gestik). Das klassisch-wissenschaftliche Modell für einen Kommunikationsprozess (Shannon/Weaver) enthält die Elemente: Sender – Botschaft - Störquelle – Empfänger. Der Sender ist derjenige, der spricht. Die gesendete Botschaft umfasst zum einen die gesprochenen Worte, zum anderen weitere Signale. Diese können sein: der Tonfall, offene Arme und Augenkontakt zum Empfänger. Der Empfänger ist der Zuhörer. Gesetzt den Fall, beide Gesprächspartner sprechen nicht die gleiche Sprache, versteht der Zuhörer die gesendete Nachricht anders, als sie gemeint war. Die sprachlichen Schwierigkeiten sind in diesem Beispiel die Störquelle.
Wenn Kommunikation Sprechen ist, dann ist Metakommunikation Sprechen über das Gesprochene. Oder mit anderen Worten: gemeinsame Reflexion über ein vergangenes Gespräch. Mit ihrer Hilfe können Menschen verstehen, wie Irrtümer zustande gekommen sind. In dem nun sachlich geführten Gespräch kann der eine Mensch sein Gesagtes wiederholen. Er ergänzt es um eine Erläuterung, wie er es gemeint hat. Der andere Mensch stellt dazu, was er gehört hat: zum einen, die wortwörtlichen Worte und, zum anderen, wie sie sinngemäß bei ihm angekommen sind. Gibt es einen Unterschied, kommt dieser zum Vorschein.
Den in der Psychologie und als Publizist tätigen Wissenschaftler interessierte ab den 1970er Jahren die zwischenmenschliche Verständigung. Er befasste sich zur Zeit seiner Promotion mit den Störungen und Lösungswegen bei Konflikten. Der emeritierte Professor suchte Wege für einen partnerschaftlichen Umgang von Gesprächsteilnehmern. Für solche war er auch als Berater tätig. 500 Coaches und Psychologen bildeten sich bis heute an seinem Schulz-von-Thun-Institut weiter.
Das auch Vier-Seiten-Modell oder Nachrichtenquadrat genannte Theoriekonstrukt veröffentlichte Schulz von Thun in: „Miteinander reden. Störungen und Klärungen“ (1981). Er unterscheidet vier Ebenen des sprachlichen Austausches: die Sachebene, das Beziehungslevel, die Appellseite und die Ich-Botschaft.
Es gibt diesen berühmten Filmsatz: „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft!“ Sowohl Sender als auch Empfänger verstehen den Satz auf einer oder mehreren Ebenen. Mögliche Satzdeutungen durch den Empfänger nach dem Vier-Ohren-Modell sind:
Bei der Vielzahl der Interpretationsmöglichkeiten zeigt sich der Sinn, sich über die gesprochenen Worte auszutauschen, um Fehlschlüsse zu vermeiden oder diese aufzuklären. Den Idealzustand, ein 100-prozentiges Verständnis, gibt es nicht. Voraussetzung ist eine Gesprächsbereitschaft. Ein Konflikt- und Verantwortungsbewusstsein und der Kontakt auf „Augenhöhe“ (respektvoll, auf der gleichen Rangebene) sind für das Gelingen des Austausches wichtig. Auch Fähigkeiten zum Perspektivwechsel und zum Abstrahieren sind sinnvoll. Empathie, das heißt sich in den anderen einfühlen zu können, stellt sowohl eine Voraussetzung als auch ein Ergebnis dar.
Paul Watzlawick, der Verfasser von: „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ und „Anleitung zum Unglücklichsein“, hat sich viel mit Metaebenen befasst. Vorstellungen und Realität wollte er klar trennen. Der radikale Konstruktivismus wurde für den österreichisch-stämmigen Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftlers am Mental Research Institute in Kalifornien eine geistige Heimat. Dazu trug sein Austausch mit dem indischen Philosophen Jiddu Krishnamurti bei. Handlungen zweier Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, stellte Watzlawick heraus, könnten ohne Austausch auf Metaebene (oder Bewusstsein der kulturspezifischen Werte) zu Missdeutungen führen. Als kulturanthropologisches Beispiel hatte er unglücklich ausgehende Rendezvous‘ US-amerikanischer Soldaten und britischer Frauen während des 2. Weltkriegs angeführt.
Ihre Erkenntnisse formulierten Watzlawick und seine Kollegen in Form von fünf Axiomen. Axiome sind Grundsätze, Prinzipien. Die Formulierung wählten sie, um auf die Komplexität menschlicher Verständigung hinzuweisen. Hört eine Person beispielsweise nur einen Teil des Gesagten oder kennt den Kontext nicht, kann das ein Missverständnis hervorrufen. Es kommt zu einer Bedeutungsverschiebung des Gesagten durch den Interpretierenden (den Hörer oder Leser).
In einem solchen Gespräch begegnen sich zwei Experten: der Klient, mit seinem Wissen über seine Stärken, Schwächen und Konflikte, und der Coach. Er bringt sein professionelles Handwerkszeug mit, zum Beispiel Fragen und Berufserfahrungen als Analytiker, Rhetoriker und Prozessmanager. Er stößt den Coachee an, sich auf den Weg zu machen. Ziel ist eine Lösung für das Problem, wegen dem der Ratsuchende in die Praxis gekommen ist. Der Coach ist Begleiter auf Augenhöhe, Gegenüber und Spiegel. Kunden fragen vor allem für folgende dienstliche Themen externe Unterstützung nach: bei Leitungsaspekten, Umstrukturierungen/Fusionen, Problemen bei der Unternehmensentwicklung, Kreativitäts-, Sprach- und Veränderungsblockaden, innerer Kündigung und Wünschen nach beruflicher Umorientierung bis hin zur Abwicklung von Kündigung, Neubewerbung oder Ausgründung. Auch die Vermischung privater und beruflicher Ziele bei Selbständigen und mangelnde Work-Life-Balance geben Klienten als Auslöser für ihren Erstkontakt an.
Einem Konflikt wohnt bereits eine Lösung inne. Der Coachee darf ihn also auch von der positiven Seite betrachten. „Störungen haben Vorrang“, sagt man in der themenzentrierten Interaktion (TZI), einem psychologischen Ansatz nach Ruth Cohn. Das gilt für wieder auftauchende Probleme im Beruf im Beratungszeitraum. Auch die Konflikte zwischen Klient und Coach bergen die Chance zur Veränderung, da sie ein Abbild für die Rollen des Coachees im Arbeitsleben sein können. Gesetzt den Fall, ein Klient hat einen zwischenmenschlichen Konflikt im Arbeitsteam. Der Coach nimmt nun eine Metaebene ein. Der Hilfe Suchende betrachtet sich „von außen“, während er sich in einem geborgenen Raum befindet. Der Coach ist sein neutraler und ihm freundlich gesonnener, respektvoller Gesprächspartner. Der Kunde hat sich diese Chance selbst gesucht und sie in Form des Fortbildungsauftrages artikuliert. Ab jetzt reflektiert er, Sitzung für Sitzung, berufsbegleitend seine Rolle auf Arbeit. Er lernt sich selbst und seine Vorgesetzten und Kollegen besser zu verstehen. Er artikuliert sich im Arbeitskontext mehr, verändert seine Position. Der Coachee arbeitet sukzessive seine Schwierigkeiten auf. Innerhalb von zehn (oder mehr) Terminen eignet er sich das Wissen an, wie er sich in Zukunft selbst coachen kann.
Der Methodenkoffer eines Coaches enthält zum Beispiel: Ziel- und Werteanalysen, Realitätschecks und Problemlösungstrainings. Beim in den 1980er Jahren aufgekommenen systemischen Coaching stehen die sozialen Beziehungen des Klienten, zum Beispiel in seinem Team, im Fokus. Hat er einen Konflikt mit einer Person, so kann dieser Mensch so behandelt werden, als wäre er im Raum. Beispielsweise kann der Coachee seine Haltung, das Gesagte und Gefühlte in Worte fassen. Er darf auch versuchen, sich in die Lage seines Streitpartners zu versetzen. Auf der Metaebene beleuchtet er die Wechselbeziehungen in seiner Berufshierarchie. Er bringt sich in die Lage, sich und sein kollegiales Netzwerk, als auch sein inneres Team zu stärken.
Psychologie ist die Seelenkunde. Sie erforscht und stellt Wissen bereit zu den internen und externen Voraussetzungen der Wahrnehmung eines Menschen und seines Auftretens. Klienten kommen entweder mit einem Coaching- oder Beratungswunsch zu einem Psychologen. Alternativ suchen sie eine Krankheitsbehandlung bei einem psychologischen Psychotherapeuten. Bei allen drei Aufträgen ist die Metaebene die meistgenutzte Perspektive. Sie bietet dem Klienten die Chance, bestimmte Situationen und Rollen aus seinem Alltag nachzuvollziehen und aufzuarbeiten. Er bekommt eine schützende Distanz, durch den zeitlichen und örtlichen Abstand zum Erlebten. Gleichzeitig steht ihm mit dem Psychologen ein neutraler Profi zur Seite. Den Austausch über das Hier und Jetzt nutzen Klient und Psychologe weniger. Wenn sie ihn realisieren, dann als Spiegel der Konfliktsituationen, wegen der der Kunde in die Praxis gekommen ist.
Auch die Metakommunikation in der Psychotherapie ist ein Austausch über das Gesagte im Vergleich zu dem Gehörten. Indem der Psychologe mit eigenen Worten wiederholt (paraphrasiert), was der Patient zuvor geäußert hat, gibt er ihm die Chance, einen Bedeutungsabgleich vorzunehmen. Beispiele für Klientenreaktionen sind: „So, wie Du das mit Deinen Worten zusammengefasst hast, habe ich es nicht gemeint.“, „Danke. Auf diesen Punkt wollte ich hinaus. Ich konnte es nur nicht so klar ausdrücken.“
‚Pädagogik‘ kommt aus dem Griechischen. Es bedeutet: Theorie und Praxis der Wissensvermittlung und Wertevermittlung gegenüber Kindern und Jugendlichen. Schon im Kleinkindalter zeichnen sich die Anfänge einer Metakommunikation zwischen Eltern und Kindern ab. Ein Mädchen haut seine Mutter. Letztere sagt: „Maja. Nein! Das tut mir weh.“ Sie spricht über die vergangene Handlung. Der Zeitabstand zum Verhalten des Kindes ist gering. Das Kind könnte Abstraktes im Gespräch mit seiner Mutter noch nicht verstehen. Wenn das Kind reifer geworden sein wird, ist solch eine nachträgliche Unterhaltung möglich und sinnvoll. Wenn sich Tochter und Mutter gefühlsmäßig beruhigt haben, besitzen sie Abstand zum Geschehen. Nun löst das Reden über das Hauen des Kindes nicht sofort wieder unangenehme Gefühle und Reaktionen aus. Das Kind kann seinem Elternteil folgen, auch wenn Zeit dazwischen vergangen ist.
Im Schulkontext hilft das Einnehmen der Metaebene einem Lehrer, die Sichtweise eines Schülers zu verstehen. Die Heranwachsenden lernen folgende Kommunikationstechniken anzuwenden: Bejahen, Verneinen, Ansprechen, Auffordern, Wiederholen, Hören, Widersprechen, Vervollständigen und Nachforschen. Damit üben sie sich in sozialen Kontexten. Die Metaebene stellt für einen Schüler eine Reflexionsebene dar. Er kann im Nachhinein noch einmal seine Rolle und die seiner Mitschüler und Lehrer durchleben. Sein innerer Dialog oder ein Gespräch mit seinem Vertrauenslehrer gibt ihm die Möglichkeit, ein Gespür für sich und seine Mitmenschen zu empfinden. So kann er gegebenenfalls um Hilfe fragen als auch Unterstützung anbieten.
Die Besonderheit der Konversation in der Schule liegt in der Schwierigkeit für einen Lehrer, die sprachlichen Codes der Schüler zu verstehen. Die Bereitschaft des Ausbilders, sich im Nachhinein in eine Unterrichtssituation hineinzuversetzen, reicht nicht aus. Heranwachsende drücken ihre Gefühle zum Teil indirekt aus. Ein Protest: „Morgen ist doch Zeugnistag. Da können Sie uns doch keine Klausur schreiben lassen“, kann die Angst eines Schülers vor der kurzfristig anberaumten Leistungskontrolle ausdrücken. Ein Lehrer könnte hier dem Schüler sagen, wie er seine Botschaft verstanden hat und ihn um Feedback bitten. Mit geringem zeitlichem Abstand kann dieses die Situation klären.
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