"Hallo Strick-Lady..." die etwas andere Kontaktanzeige


Gerhard, 51




In der Wochenend-Beilage unserer Zeitung las ich im letzten Frühjahr folgende Kontaktanzeige:

"Lebenslustige, attraktive Sie (45), gut gebaut, sportlich und mitten im Leben stehend, sucht ebensolchen Mann bis Mitte 50, dem man das Stricken beibringen kann. Kein finanzielles Interesse."

Da ich seit meiner Scheidung knapp zwei Jahre zuvor ein neues, mir bislang unbekanntes Dasein als Hausmann fristete und schon an die Grenzen meiner Fähigkeiten kam, wenn es nur einen Knopf anzunähen gab, fand ich diese Anzeige recht originell. Ich hatte noch nie auf eine Kontaktanzeige geantwortet, aber nach der Trennung von meiner Ex-Frau war ich nun so offen wie nie zuvor - sogar zum Stricken lernen. Ich schrieb also zurück: "Hallo, Strick-Lady. Brauche dringend Nachhilfe. Will der perfekte Hausmann werden, damit ich meine zukünftige Partnerin auch schön verwöhnen kann. Bin begeisterter Ruderer und kann dich im Gegenzug durch die wildesten Gewässer führen."

Ans Ende meines Briefes schrieb ich noch meine Telefonnummer. Keine Woche später meldete sich eine sympathisch klingende, warme Frauenstimme bei mir am Telefon: "Hallo, hier ist die Barbara! Du willst also stricken lernen .", begann sie unser erstes Gespräch. Die Wellenlänge schien zu stimmen und so verabredeten wir uns auch gleich für das nächste Wochenende in einer uns beiden bekannten Bar.

Und da war sie dann: meine Barbara. Auf den ersten Blick entsprach sie überhaupt nicht meinem Traumbild einer Frau: Mit "gut gebaut" hatte sie wohl eher "füllig" gemeint. Aber lebenslustig war sie in der Tat, denn sie hatte ein ansteckendes Lachen, das mich gleich beim ersten Date in eine gute Stimmung versetzte. In Wirklichkeit war sie 50, hatte ihr Alter aber "um die üblichen fünf Jährchen in Kontaktanzeigen" abgerundet. Mit "mitten im Leben stehend" war gemeint, dass sie einen 15-jährigen Sohn hatte, der noch bei ihr wohnte. Außerdem hatte sie noch eine 21-jährige Tochter. "Und ich werde demnächst Oma, deswegen brauche ich jede Hilfe beim Stricken von Baby-Sachen", erzählte sie mir. Etwas überwältigt von der Realität meines ersten Kontaktanzeigen-Dates, aber dennoch in heiterer und ausgelassener Stimmung ging ich nach Hause. Wir trafen uns danach noch häufiger und es geschah, womit ich, zumindest nach unserem ersten Treffen, nie gerechnet hätte: Wir verliebten uns - wenn auch nicht auf den ersten Blick. Sie ist wirklich eine starke und interessante Persönlichkeit. Momentan stricke ich tatsächlich mit ihr an den Socken fürs Enkelchen. Im Februar nächsten Jahres ist es so weit.

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