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Abraham Maslow war ein US-amerikanischer Psychologe, der unter anderem die Humanistische Psychologie begründete. Laut der Theorie der Humanistischen Psychologie verfügt ein jeder Mensch über ein großes Arsenal an Möglichkeiten, um sich selbst zu verstehen und seine Einstellung, seine Ziele und sein Verhalten umfassend zu verändern. Jedoch blockieren negative Einflüsse den Zugriff auf dieses umfassende Arsenal. Die Selbstentfaltung der betreffenden Person wird somit blockiert, was unter anderem auch zu psychischen Störungen führt. Um derartige psychische Störungen entweder zu heilen oder garnicht erst entstehen zu lassen und um dieses große Arsenal zu erschließen, müssen für den jeweiligen Menschen negative Einflüsse, die dessen Selbstentfaltung blockieren, ausgeschaltet sowie durch positive Einflüsse ersetzt werden. Wird dann der Mensch in seiner Entwicklung nicht mehr behindert, so entwickelt er sich ganz von selbst. Natürlich ist für jede Art von Entwicklung eine Motivation vonnöten. Diese Motivation ist aber bereits in Form der Bedürfnisse vorhanden, die ein jeder Mensch besitzt. Welche Bedürfnisse und Motive der einzelne Mensch hat, und wie sich diese Bedürfnisse mit der Zeit verändern, beschreibt Abraham Maslow in Form einer sogenannten Bedürfnispyramide. Diese nach ihm benannte Maslowsche Bedürfnispyramide ist mittlerweile ein wichtiger Indikator wie, wann und auf welche Weise Menschen im Rahmen ihrer Entwicklung motiviert werden können.
Die erste Art von Bedürfnissen, die ein jeder Mensch besitzt, sind Bedürfnisse, die das elementare Überleben sichern. So will ein jeder Mensch atmen, trinken und essen. Ebenfalls möchte er sich durch Kleidung wärmen und eine sichere Unterkunft haben. Derartige Bedürfnisse werden als sogenannte Defizitbedürfnisse bezeichnet.
Solange diese Defizitbedürfnisse bestehen und nicht ausreichend befriedigt sind, wird der Mensch sich hauptsächlich darauf konzentrieren. Da Defizitbedürfnisse das Überleben sichern, ist ihre Befriedigung die Voraussetzung für eine dauerhafte körperliche und geistige Gesundheit.
Sind jedoch die Defizitbedürfnisse ausreichend oder mehr als ausreichend befriedigt, wendet sich der Mensch den Wachstumsbedürfnissen zu. Zu diesen Wachstumsbedürfnissen zählen alle Bedürfnisse, die nicht unbedingt etwas mit dem Überleben zu tun haben. Hier beginnt der große Bereich der Selbstverwirklichung. So arbeitet jemand zum Beispiel oft um Geld zu verdienen und damit seine Existenz zu sichern. Ein Hobby aber wird ausgeübt, um sich in einem für das Individuum wichtigen Bereich selbst zu vervollkommnen. Man muss es sich leisten können und es ist für das Überleben nicht unbedingt vonnöten. Während die Defizitbedürfnisse in vielen Fällen komplett befriedigt werden können, ist dies bei den Wachstumsbedürfnissen nicht der Fall. So ist das Defizitbedürfnis Hunger zum Beispiel irgendwann gestillt. Natürlich kann jemand nun besseres Essen fordern und das möglichst noch in einem teuren Hotel oder in einem Feinschmeckerrestaurant. Jedoch sind diese Delikatessen inklusive des Umfeldes nicht mehr überlebenswichtig sondern reiner Luxus und damit Wachstumsbedürfnisse. Man vervollkommnet sich hier im Bereich der Kultur sowie der Nutzung von Statussymbolen.
Wachstumsbedürfnisse werden prinzipiell nie vollends befriedigt!
Ist ein Wachstumsbedürfnis befriedigt, kommt gleich der nächste Wunsch und somit das nächste Bedürfnis. Der Bereich der Selbstverwirklichung lässt sich, im Gegensatz zur materiellen Absicherung, auch nicht komplett erfassen. Wir haben es hier mit einer ewigen Baustelle zu tun, die immer wieder neue Wünsche und Ziele hervorbringt. So ist bei den Wachstumsbedürfnissen hauptsächlich der Weg das Ziel.
Die Bedürfnispyramide an sich basiert auf vielfachen Beobachtungen menschlichen Verhaltens und Handelns. Dummerweise ist menschliches Verhalten und Handeln sehr umfangreich und vielfältig. Gleiches gilt auch für psychische Störungen. Hier die richtige Behandlungsmethode für einen speziellen Menschen zu finden ist somit kein leichtes Unterfangen. Weshalb es im Bereich der Psychologie auch die verschiedenen Theorien, Schulen oder Denkrichtungen gibt. Die bisherigen psychologischen Schulen wiesen hier allerdings ein negatives Menschenbild auf. So reduzierten die Psychoanalyse von Siegmund Freud sowie der Behaviorismus von John B. Watson den Menschen auf seine Triebe und auf seine Reflexe. Auch spielten hier Dinge wie Konditionierung und Erziehung eine sehr große Rolle. Psychische Störungen wurden von diesen Schulen oft dadurch erklärt, dass der Mensch innerhalb seiner Umgebung falsch konditioniert oder erzogen worden ist. Ein Umstand, der sich demnach durch eine richtige Konditionierung und Erziehung beheben lässt. Im Gegensatz dazu sieht Maslow den Menschen zunächst einmal als grundsätzlich gut und nicht als trieb- und reflexgesteuert, sondern als bedürfnisgesteuert an. Werden demnach die Bedürfnisse eines Menschen befriedigt, so werden viele psychische Störungen verschwinden. Der Mensch wird sich dann selbst vervollkommnen und in der richtigen Umgebung zudem ganz von selbst auch zu einem produktiven Mitglied der Gesellschaft werden können. Um einem Menschen bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse zu helfen, müssen diese Bedürfnisse jedoch erst einmal bekannt sein. Ebenfalls muss bekannt sein, welche Bedürfnisse zuerst befriedigt werden müssen und welche danach auf anderen Ebenen kommen. Hierbei soll die Bedürfnispyramide eine Hilfe sein, indem die Bedürfnisse in ihrer Reihenfolge übersichtlich aufgelistet werden und so die Bedürfnispyramide Stufen bekommt. Natürlich können auch Bedürfnisse mehrerer Stufen nebeneinander existieren, denn das Leben ist schließlich recht komplex. Durch einfache Modelle und Schulen sowie auch durch Schablonen wie die Bedürfnispyramide lässt sich da leider auch nicht alles erklären. Ein Therapeut oder Coach kann eine Schablone, wie die Bedürfnispyramide, aber durchaus zu Hilfe nehmen, um die gegenwärtige Situation seines Patienten oder Schülers zu analysieren. Dadurch kann er für den Patienten oder Schüler dessen gegenwärtige Motivation herausarbeiten. Ebenso kann der Patient oder Schüler sich selbst seiner Situation und seiner Motivation bewusst werden und schließlich, nach kurzer Anleitung durch den Psychologen oder Coach, seine Heilung und Weiterentwicklung in die eigenen Hände nehmen.
Obwohl für viele die Bedürfnispyramide ein recht gutes Konzept ist, gibt es an diesem Modell auch einiges an Kritik. So wird insbesondere die strenge Hierarchie dieser Pyramide kritisiert. In der Realität kann es zum Beispiel sein, dass grundlegende Defizitbedürfnisse, wie zum Beispiel Nahrung und Wohnen noch nicht befriedigt sind, der bedürftige Mensch aber trotzdem bereits nach Wachstumsbedürfnissen wie Reichtum und Wohlstand oder gar der Selbstverwirklichung in einem Hobby strebt.
Ebenfalls wurde kritisiert, dass das Modell der Maslowschen Bedürfnispyramide zu sehr am Lebensentwurf westlicher Gesellschaften orientiert ist. Andere Kulturkreise können durchaus auch andere Präferenzen haben. Eine weitere Kritik betrifft die der Beweislast. Denn die Umfragen und die empirischen Erhebungen, auf denen diese Bedürfnispyramide letztendlich basiert, sind natürlich keine festen wissenschaftlichen Daten und Fakten, wie sie zum Beispiel von einem Physiker oder Chemiker bei Versuchen im Labor produziert werden können. Zumal solche Umfragen und Erhebungen immer auch subjektiv sein können. Selbst dann, wenn der Erfasser sich große Mühe gibt und dies letztendlich unbewusst geschieht. Die beschriebene Kritik an diesem Modell bedeutet, dass man letztendlich wählen kann. Man kann entweder die Maslowsche Bedürfnispyramide als wertvolle Hilfe akzeptieren oder sie letztendlich in der Luft zerreißen. Beides wäre richtig und falsch zugleich. Aus diesem Grunde ergänzte Abraham Maslow seine Bedürfnispyramide noch um eine sechste Stufe. Nämlich die Stufe der Transzendenz. Was für viele etwas abgehoben klingt, lässt sich leicht durch die Tatsache verstehen, dass viele Menschen, die sich bereits im Übermaß selbst verwirklichen konnten, sich fragen, ob das denn alles im Leben gewesen sei. Diese Menschen wollen nun vermehrt gestalten und ihr Umfeld formen. Sie wollen auch etwas hinterlassen, was weit über die Anhäufung von Macht und Wohlstand hinausgeht. Oft wollen Sie auch Teil von etwas größerem und dauerhafterem werden. Diese Stufe wird allerdings nur von wenigen Menschen erreicht. Maslow selbst sagte ja schon, dass die Bedürfnispyramide lediglich ein Hilfsmittel ist und die Hierarchie nicht allzu streng gesehen werden sollte. So können sich durchaus die verschiedensten Bedürfnisse miteinander mischen. Die Frage was man aus seinem Leben machen will, mag zwar im Endeffekt eine transzendente Frage sein. Sie kann aber durchaus auch schon am Anfang eines Lebens gestellt werden und somit bereits am untersten Ende der Bedürfnispyramide. Was dann sicher auch Einfluss auf die anderen Bedürfnisse sowie auf deren Gewichtung hätte. Der Nutzen der Bedürfnispyramide bliebe so erhalten. Lediglich der Therapeut, der Coach der Patient und der Schüler hätten dann im Rahmen der Analyse etwas mehr zu tun.
Beispiele für mögliche Abwandlungen gibt es schon deshalb, weil die Maslowsche Bedürfnispyramide auf lediglich empirischen Erfassungen beruht. Deshalb lässt sich natürlich unbegrenzt darüber streiten, ob es lediglich diese 6. Stufen geben sollte oder eine andere Anzahl. So wird diese Pyramide im Bereich der Wirtschaft und des Personalmanagements oft um die Stufe der Selbstachtung erweitert, die noch über den Individualbedürfnissen aber noch unterhalb der Selbstverwirklichung steht. Hiermit ist das Bewusstsein des eigenen Erfolges gemeint. Denn nur wer sich des eigenen Erfolges auch bewusst ist, kann nach Meinung vieler im Personalmanagement auch größere Aufgaben angehen. So kann sich jemand zwar bemühen, möglichst viel Wohlstand und Prestige um sich zu sammeln. Wie aber kann er letztendlich wirklich zu einem guten Macher werden und sich selbst verwirklichen, wenn er nicht im tiefsten Inneren daran glaubt, dass er es kann und es somit auch wert ist?
Theoretisch ließe sich die Maslowsche Bedürfnispyramide aber auch auf lediglich zwei Stufen reduzieren. Nämlich auf die Stufen der Defizit- und der Wachstumsbedürfnisse. Denn damit trüge man dem Umstand Rechnung, dass auf der Ebene der Defizitbedürfnisse die physiologischen Bedürfnisse und die Sicherheitsbedürfnisse in vielen Fällen gleichrangig sein können. Ebenso könnten die sozialen Bedürfnisse hier auf gleicher Ebene mit hineinspielen. Bei den Wachstumsbedürfnissen mischen sich dagegen oftmals die Individualbedürfnisse und die Selbstverwirklichung.
Es sollte an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt werden, dass es sich bei der Bedürfnispyramide inklusive möglicher Abwandlungen lediglich um Modelle handelt. Es ist hier also nichts richtig oder falsch. Vielmehr kommt es darauf an, mit welchem der Modelle am besten gearbeitet werden kann.
Im Prinzip ist die Bedürfnispyramide für viele Bereiche anwendbar. So zu Beispiel für den Bereich der beruflichen Karriere. Warum strengt sich ein Schüler, Student oder Arbeitnehmer mehr an als ein anderer? Für Lehrer, Arbeitgeber oder Personaler ist diese Frage durchaus von Bedeutung und eine Antwort könnte in den gegenwärtigen Bedürfnissen des jeweiligen Auszubildenden oder Arbeitnehmers liegen. Kann also dafür gesorgt werden, dass die Bedürfnisse dieser Person befriedigt werden wenn sie bestimmte Dinge tut, so ist die Motivation, sich anzustrengen für diese Menschen ungleich höher. Aber auch man selbst kann sich fragen wo die eigenen Bedürfnisse denn gegenwärtig liegen. Dies kann in vielen Fällen sogar aus einer Depression oder aus einem Motivationsloch herausführen. Ein wichtiger Aspekt aber ist hier auch noch das Streben nach persönlichem Glück im Leben. Nur wer seine Bedürfnisse kennt und diese somit zu befriedigen weiß, kann auf Dauer wirklich richtig handeln und glücklich werden. Hier schadet es auch nichts, sich einmal einen Coach zu nehmen, da dann mehr Objektivität und Fachkompetenz gegeben ist. Sich selbst sollte man das allemal wert sein.
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