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Schulfach Glück

Schulbücher Haben Sie sich auch schonmal gefragt was Sie hätten alles werden können, wenn Sie als Schüler bereits eine "gereiftere Persönlichkeit" gewesen wären? Was hätten Sie anders gemacht?

Nein ich rede nicht davon, dass Sie ihre Brille bei Fielmann gekauft hätten, sondern dass Sie möglicherweise einen ganz anderen Weg gegangen wären. Realisiert das neue Schulfach Glück diese Vorstellung?

Was bewirkt Glück?

Wie wirkt Glück auf uns Menschen? Verändern wir uns, wenn wir immer wieder glückliche Momente haben oder mit unserem Leben insgesamt zufrieden sind? Führt Glück zu Müßiggang, Betäubung, Passivität? Auf diese Fragen haben Glücksforscher eine Antwort, wenn auch klar ist: Ursachen und Wirkungen lassen sich nicht immer klar trennen - manchmal bewirkt Glück etwas bestimmtes, manchmal wirkt aber auch umgekehrt etwas auf das Glückserleben, erhält oder steigert es.
Sowohl Anton Bucher als auch Philipp Mayring listen in ihren Büchern mit dem identischen Titel "Psychologie des Glücks" die folgenden Glückseffekte auf und erläutern sie mit vielen Details:

  • Glück fördert die psychische und physische Gesundheit.
  • Glück fördert kognitive Fähigkeiten, Flexibilität und Kreativität.
  • Glück erleichtert das Lernen.
  • Glück begünstigt Moralität und beruflichen Erfolg.
  • Glück führt zu beglückenden Denk- und Verhaltensweisen, beispielsweise positiverem Sehen, Denken und Attribuieren oder auch seltenerem Grübeln - womit wiederum das Erleben von Glück gefördert wird.
  • Glück bewirkt einen aktiveren Bezug zum Leben (besonders wichtig im Alter).
  • Glück begünstigt eine hohe Bewusstheit, Sensibilität und Offenheit gegenüber der Realität.
  • Glück fördert eine empathischere, soziale Orientierung auf die Mitmenschen.
  • Glück hat eine integrierende, identitätsstützende Wirkung auf die gesamte Persönlichkeit.

Vorreiter nehmen "Glück" als Schulfach in den Stundenplan auf

"Du lernst nicht für die Schule, sondern für's Leben" Dieser Spruch wird mit einem reflexartigen Augenrollen beantwortet. Denn warum habe ich habe ich in der Schule so viel gerlernt was ich für das Leben nicht brauchte und das was ich für das Leben brauchte dort vermisst? Das sind Meinungen, die dem Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule widersprechen. Doch es gibt Ausnahmen, welche möglicherweise bald "Schule" machen. Der ehemalige Schulleiter und Autor Ernst Fritz-Schubert, hat 2007 an der Willy-Hellpach-Schule eine kleine Revolution ins Rollen gebracht. Er hat es geschafft, trotz eng getaktetem Lehrplan ein neues Fach einzuführen, welches sogar als mündliches Abiturfach geplant ist: Das Schulfach Glück.

Nein, bei dem Schulfach Glück handelt es sich nicht um Unterrichtsausfall oder um Feueralarm (weil wieder jemand mit dem Feuerzeug rumgespielt hat), sondern um eine Kombination aus Psychologie, Soziologie, Körperbewusstsein und Gesundheit. Also ziemlich genau die Themen die sich seit einiger Zeit blendend in Form von Ratgebern verkaufen. Denn diese Themen sind nicht zwingend transzendent oder spirituell, etwas metaphysisches. Nein, diese Themen können erlernt werden, durch die Erläuterung der Theorie und einem großen Praxis-Anteil. In den USA und Großbritannien ist dieses Fach unter dem Namen "Social & Emotional Learning" bereits seit längerem eingeführt.

Doch was sollen Inhalte dieses ominösen Schulfaches "Glück" sein? Die Ziele dieses Unterrichts bestehen in der Förderung des z.B. subjektiven Wohlbefindens. Es wird erklärt wie Gemütszustände zusammenhängen und wie man auf diese Einfluss nehmen kann. Aspekte der positiven Psychologie werden veranschaulicht, wie Dankbarkeit üben und optimistisches Denken. Praxisnahe Gruppenaufgaben verhelfen den Schülern ihre Interaktionsfähigkeiten zu trainieren und gemeinsame Erlebnisse außerhalb des Klassenraums stärken den Gruppenzusammenhalt. Gymnasiale Oberstufen haben dieses Fach auch erfolgreich eingeführt. Es werden vertiefte Kenntnisse hinsichtlich psychologischer Theorien und neurologischen Hintergründen erarbeitet. Doch auch hier wird die Praxis berücksichtigt.

Ein TV-Bericht des SWR gewährt uns einen Einblick in das Schulfach "Glück"

Macht das Schulfach "Glück" bald Schule?

"Versprochene Beeren füllen die Körbe nicht." Die Inhalte des Schulfachs "Glück" hören sich gut an, doch wie ist die Resonanz. Was sagen Untersuchungen und Erfahrungen in puncto Nutzen?

Kurzum, das Schulfach "Glück" stellt definitiv keine "versprochenen Beeren" dar. Untersuchungen zahlreicher Universitäten von 2015 besagen, dass das Schulfach "Glück" signifikant positive Veränderungen hinsichtlich des Wohlbefindens, der Zufriedenheit und der Persönlichkeitsentwicklung der Schüler erwirken konnte.

Diese positiven Rückmeldungen haben das 2009 gegründete gemeinnützige Fritz-Schubert-Institut für Persönlichkeitsentwicklung ermuntert, Weiterbildungen für Pädagogen anzubieten. Auf der Basis des salutogenetischen Ansatzes, der Logotherapie, der Resilienz Forschung und der systemischen Pädagogik soll den Teilnehmern das Fritz-Schubert-Konzept vermittelt werden. Nach diesem Konzept sind die Grundvoraussetzungen für Glück – verstanden als innere Har­monie – Geborgenheit und ein gesundes Selbstwertgefühl. Im Zusammenhang zwischen Glück, Authentizität, Produktivität und ethischem Verhalten ist es geeignet, den Ansatz der Positiven Psychologie zu stützen, indem man nicht bei den Defiziten (wie z. B. beim depressiven oder unsozialen Verhalten) ansetzt, sondern das Positive mehrt. In der praktisch und lebensnah gestalteten Umsetzung des Faches geht es nicht nur um die Steigerung des subjektiven Wohlbefindens, sondern vor allem um die Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartung, des Selbstbewusstseins und sozialer Kompetenzen. Im Wintersemester 2013/2014 wurden in den Universitäten Osnabrück und München erstmalig Seminare für junge Lehramtstudierende durchgeführt. Die von Frau Prof. Graf durchgeführte wissenschaftliche Begleituntersuchung ist zwar noch nicht vollständig abgeschlossen, dennoch zeichnen sich schon jetzt positiven Wirkungen der Pilotversuche ab.

Alles in allem soll mit dem Schulfach Glück gezeigt werden, dass Schule nicht bitter schmecken muss, sondern wirklich Freude machen kann.

Lehrplan Schulfach Glück

Der Lehrplan des Faches Glück orientiert sich an den Strukturen einer gelingenden Lebensgestaltung. Um mein Leben zu gestalten, muss ich mir meiner eigenen Kräfte und Ressourcen bewusst werden. Dann kann ich realistische Visionen bzw. Ziele entwickeln. Die Bedeutung dieser Ziele kann ich erhöhen, indem ich mir meine Gefühle beim Erreichen des Zieles genau ausmale und sozusagen vorwegnehme. In einem dritten Schritt geht es darum Entscheidungen zu treffen, was ich will oder nicht will und was das für mich bedeutet. Erst daraufhin kann man Pläne machen und Ressourcen einteilen. Danach geht es darum, die Pläne wirklich umzusetzen. Damit aus Plänen wirklich Handlungen und vielleicht sogar Haltungen werden, müssen wir lernen uns selbst zu motivieren, aber auch mit Ängsten umzugehen und uns zu beruhigen. Ob das z.B. die nächste schwierige Mathearbeit oder der bevorstehende Sprung vom Fünfmeterbrett ist, immer geht es darum eine innere Balance zu finden. Wer dies als Kind schafft, kann sich glücklich nennen. Jede Hürde, die überwunden wird, wirkt, egal ob Kind oder Erwachsener, beglückend. Man übt sozusagen sich selbst wahrzunehmen und seine Gefühle zu steuern. Dazu gehört auch der Erwerb von Frustrationstoleranz. Im sechsten und letzten Schritt werden in einer Rückschau das Ergebnis, die Anstrengung und die damit verbundenen Gefühle betrachtet.

Ein persönliches Fazit

Es wird viel über unsere Gesellschaft philosophiert und diskutiert, sodass ich hier nicht weit ausholen möchte. Doch einen Gedankengang möchte ich gehen. In einer gesellschaftlichen Ordnung, welche durch vielfälltige Möglichkeiten und hohe soziale Mobilität geprägt ist, in welcher Kinder und Jugendliche nicht mehr den Beruf erlernen müssen den die Eltern ausüben und welche durch rasanten technischen Wandel vor unprognostizierbarem zukünftigen Herausforderungen steht, ist die Selbsterkenntnis, das Erkunden des eigenen Potenzials, wichtiger denn je. Denn die ganze Freiheit die unsere Gesellschaft bietet, kann auch in empfundene Ziellosigkeit umschlagen. Viele Menschen fragen sich wohin der Weg gehen soll. Insbesondere junge Erwachsene, welche extrem weitreichende Entscheidungen treffen müssen. Um ein Ziel definieren zu können muss man zunächst feststellen wo man sich befindet. Wer man ist. Ich bin überzeugt, dass ein Schulfach "Glück", den Schülern bei der Selbstfindung und der Persönlichkeitsentwicklung unterstützen kann. Dies würde sich auch auf die Leistung anderer Fächer und die Einstellung und Motivation im allgemeinen positiv auswirken. Kleeblatt Schulz von Thun hat es treffend ausgedrückt. Es ist nicht die Intention "ein paar neue Musterschüler zu züchten, die das Psychodeutsch als neue Fremdsprache beherrschen". Das Ziel ist "mehr Mut zu bekommen, zu uns selber zu stehen und klar auszudrücken, was wir denken, fühlen und wollen." Je früher diese Entwicklung stattfindet, desto besser. Und welche Zeit ist passender als die Schulzeit?

Zitat: Friedemann Schulz von Thun: "Miteinander reden: 2, Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Differentielle Psychologie der Kommunikation", S.13.

In diesem Sinne können wir die Frage, was passiert wäre wenn man als Schüler eine gereiftere Persönlichkeit gehabt hätte, vielleicht bald stellvertretend beantworten und zusätzlich unsere Ratgeber-Autoren und Psychotherapeuten zukünftig etwas entlasten. Obwohl sich diese "werde glücklich" Rategeber so schön lesen ...


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