Landsiedel Seminare → Rhetorik → Paraverbale Kommunikation
Kommunikation setzt sich aus verbalen, nonverbalen und den sogenannten paraverbalen Kommunikationsmitteln zusammen. Die meisten Menschen können den nonverbalen und verbalen Elementen meistens klare Ausdrucksweisen beziehungsweise ein klares Ausdrucksverhalten zuordnen.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Paraverbale Elemente bezeichnen wörtlich übersetzt „neben-verbales“. Folglich sind alle Komponenten zusammengefasst, die im Verlauf des Sprechens außer der Sprache selbst auftreten können.
Jede Person verfügt über eine individuelle sogenannte Performance beim sprachlichen Ausdruck. Diese Performance beantwortet die Frage nach der Art und Weise, wie jemand spricht. Performance in Bezug auf Paraverbalia wird allgemein in die drei Teile: Stimme, Intonation und Prosodie (Ausdrucksweise) unterteilt. Paraverbale Merkmale haben darüber hinaus die Eigenschaft gemeinsam, „gehört“ beziehungsweise nicht gehört werden zu können. Es handelt sich folglich um die akustisch wahrnehmbaren, die Sprache begleitenden Elemente wie unter anderem Lautstärke, Tonlage, Sprechpausen, Sprachmelodie, Schweigen, Seufzen, Lachen oder Räuspern. Die paraverbale Kommunikation beschreibt daraus folgend die Interaktion zwischen Kommunikationspartnern über eben jene Merkmale.
Die Erklärung der Paraverbale Ebene und eine mächtige Maßnahme aus dem paraverbalen Bereich:
Paraverbale Elemente gehören zwar ebenfalls zu den essenziellen Anteilen der Kommunikation, ihre Bedeutung bezüglich des Ausdrucksverhaltens der Menschen wird jedoch zu oft unterschätzt, beziehungsweise kann nicht genau gedeutet werden. Es scheint die allgemeine Annahme zu existieren, dass der Inhalt einer Aussage einen fundamental größeren Einfluss auf die Interaktion von Kommunikationspartnern hat als die Elemente, die während des Sprechvorgangs begleitend auftreten können. Interessanterweise wird den paraverbalen Elementen bei der Kommunikation allerdings ein sehr großer Anteil von etwa 40% zugeschrieben. Die größte Wirkung hat mit etwa 50% hat die nonverbale Ebene, der Rest von etwa 10% fällt laut Spezialisten zurück auf die Sprache (den tatsächlichen Inhalt).
Wie bereits angesprochen, werden den paraverbalen, den verbalen und den nonverbalen Elementen unterschiedliche Gewichtungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Kommunikation zugesprochen. Manche Ansichten, meist ausgehend von Sprachwissenschaftlern, Kommunikationswissenschaftlern oder aber Kommunikationspsychologen variieren etwas, aber im Grunde weist die Verteilung immer auf die besondere Bedeutung der paraverbalen Kommunikationsmittel hin. Friedemann Schulz von Thun, ein für seine Ausführungen bekannter Kommunikationspsychologe aus Hamburg, war sogar der Ansicht, dass die sogenannten implizit geäußerten Aussagen einer Person mehr ins Gewicht fallen als die sogenannten expliziten. Er stellt also „Paraverbalia“ über „Verbalia“. Das heißt, er weist den beim Sprechen erzeugten Kommunikationsmitteln eine höhere Bedeutung zu als dem gesprochenen Wort. Erst die Art und Weise, wie jemand spricht, offenbart den Kern und die Ebenen einer Nachricht.
Die Art und Weise, wie ein Mensch spricht, hat also einen nennenswertesten Einfluss auf das Empfangen einer von diesem Menschen gesendeten Botschaft.
Grundsätzlich wird beim Ausdrucksverhalten der Menschen eine Unterscheidung getroffen zwischen den drei Kategorien nonverbal, verbal und paraverbal.
Alle drei Mittel zusammen machen folglich Kommunikation zwischen Menschen im Wesentlichen aus.
Es gibt unzählige Beispiele für paraverbale Kommunikation. In der Sprachwissenschaft werden alle Elemente unter dem Schlagwort Paraverbalia zusammengefasst. Diese werden nach Kategorien und dem Grad ihrer Ausprägung skaliert.
Es wird ersichtlich, dass bei einer näheren Betrachtung der paraverbalen Elemente natürlich auch auf einige mögliche Fehlerquellen achtgegeben werden muss. Es kommt immer auf eine gesunde Art der Balance zwischen den extremen Enden der Skala an. In der Praxis bedeutet dass, nicht zu laut aber auch nicht zu leise, nicht zu übertrieben deutlich, aber auch nicht zu undeutlich, nicht zu schnell zu sprechen aber auch auf keinen Fall zu langsam, nicht zu monoton aber auch nicht zu blumig. Es ist also eine komplexe Aufgabe, sich genau im gesunden Mittelmaß aufzuhalten sowie die paraverbalen Elemente an die Gegebenheiten beziehungsweise an den gegebenen interkulturellen Rahmen anzupassen. Grundsätzlich ist bei der Interpretation der Paraverbalia von nicht Muttersprachlern Vorsicht geboten, da Merkmale leicht falsch interpretiert werden können. Auf dem Gebiet der interkulturellen Kommunikativen ist also immer Verständnis und Reflexion notwendig, um die empfangene Nachricht richtig deuten zu können.
Wenn die Nachrichten, die durch Kommunikation übertragen werden, nur gehört werden können, sind paraverbale Kommunikationsmittel natürlich von großer Bedeutung. Dies ist beispielsweise bei Hörbüchern, Podcasts, im Radio oder am Telefon der Fall. In diesen rein akustisch wahrnehmbaren Kommunikationsformen erhöht sich die Relevanz der paraverbalen Kommunikationsmittel signifikant. Die nonverbalen Kommunikationsmittel entfallen komplett, deshalb wird auch den paraverbalen Elementen mehr -teilweise unbewusste- Aufmerksamkeit zugewiesen. Alle Bereiche, in denen Rhetorik eine übergeordnete Stellung einnimmt, sind relevant für die Paraverbalia. Also ist hier natürlich die darstellende Kunst oder die Schauspielerei zu nennen sowie alle Vortragenden, Moderatoren und andere Menschen mit auf das Sprechen bezogenen Berufen. Auch in der Beratung von Menschen spielen die paraverbalen Elemente eine wichtige Rolle. Natürlich werden die Einflüsse paraverbaler Kommunikationsmittel auch für die Wirtschaft im Sinne von Werbung beziehungsweise Neuanwerbung potenzieller Kunden verwendet. Eine grundsätzliche Aufgabe der paraverbalen Kommunikation ist die Decodierung der Sprache. Erst die Art und Weise, wie etwas gesagt wird, verrät den Sprecher. Inhalte können je nach Ausdruck ganz anders verstanden werden, als es der bloße sprachliche Ausdruck vermag preiszugeben.
Meistens gehen Veränderungswünsche hinsichtlich der die Sprache begleitenden Elemente mit dem Wissen um persönliche Defizite einher. Dies bedeutet, dass eine Person meist mit einem persönlich wahrgenommenen oder durch Feedback von außen kommenden Defizit zu kämpfen hat. Die Person spricht also entweder zu leise, zu laut, zu gestellt zu undeutlich usw. Im Falle eines wahrgenommen Fehlers oder wahrgenommenen Defizits können spezifische Übungen helfen, diese Schwachstellen zu verbessern und mit viel Initiative und Geduld gar ganz zu beheben. Für eine positive Veränderung spielt Konzentration und der richtige Fokus eine große Rolle.
Übung: Eine sehr gute Übung, paraverbales Ausdrucksverhalten zu verbessern, ist lautes Lesen oder lautes, langsames und deutliches Vorsprechen. Vor allem, wenn die Stimme beispielsweise bei Vorträgen vor einem größeren Publikum oft zittert. Hier lohnt es sich, den bevorstehenden Vortrag immer wieder für sich, am besten auswendig und vor dem Spiegel mit offenen Augen zu wiederholen. Summen oder Singen können bei einer zu monotonen Sprachmelodie helfen etwas mehr Melodie in das Gesprochene zu integrieren.
Wichtig ist bei allen Initiativen zur Verbesserung, sich über die Wurzel des eigentlichen Problems bewusst zu werden. Wenn jemand beispielsweise zu laut, zu schnell und/oder zu zittrig spricht, dann deutet dies darauf hin, dass diese Person beim Sprechen (vor einem Publikum) nervös ist. Das paraverbale Ausdruckserhalten ist also ein Symptom für eine andere Ursache. In diesem Fall kann es Scheu, Unsicherheit oder Angst bedeuten. Ein anderes Beispiel wäre ein Mensch, der oft schreit, weil er cholerisch veranlagt ist. Dann ist nicht die laute Sprache sein Problem, sondern diese manifestiert sich durch seine Neigung zur Wut. In anderen Fällen ist das Ausdrucksverhalten jedoch selbst die Ursache des Problems. Beispielsweise, wenn jemand ein Sprachproblem hat, wie Stottern. In diesen Fällen können Spezialisten wie Logopäden helfen. Neben den medizinischen Berufen gibt es eine Vielzahl von Coaches, die sich mit Sprache beziehungsweise Rhetorik und mit den eventuell auftretenden Problemen befassen. Sollten Übungen alleine nicht zum gewünschten Ergebnis führen und die aktuelle Situation für die Person belastend sein, kann auf jeden Fall durch das Aufsuchen eines Therapeuten, einer Beratung oder eines Coaches eine Verbesserung erzielt werden. Grundsätzliche Ratschläge können sein, in einer Wohlfühlzone zu sprechen, die Lautstärke anzupassen, bei der Betonung darauf zu achten, das Wesentliche zu verdeutlichen und beim Tempo angemessene Pausen einzuhalten und sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass die Zuhörer länger für die Verarbeitung des Vortrages/der Information brauchen, als die Person, die meist etwas bereits Durchdachtes bis hin zu gründlich Vorbereitetes an die Empfänger übermittelt.
Es können große Missverständnisse durch Kommunikation entstehen. Es gibt eine Geschichte eines Treffens des US Abgeordneten Bill Richardson mit Saddam Hussein im Jahr 1995 zur Verhandlung über die Freilassung zweier amerikanischer Soldaten. Saddam Hussein sieht aufgrund der Körperhaltung des Abgeordneten dessen Schuhsohlen und verlässt abrupt und sichtlich empört den Raum. In der arabischen Welt gilt es als absolut respektlos, jemandem seine Schuhsohlen zu zeigen. Hier handelt es sich zwar um ein nonverbales Ausdruckserhalten, aber es verdeutlicht die mögliche Bandbreite an Missverständnissen auf dem Gebiet der zwischenmenschlichen Kommunikation. In arabisch-muslimisch geprägten Gesellschaften gilt beispielsweise das paraverbale Merkmal des monotonen Sprechens als erwünscht und besonnen. Hierzulande wäre eine sehr monotone Stimme allenfalls langweilig und die Zuhörer würden aller Wahrscheinlichkeit nach leicht die Konzentration verlieren. Interkulturelle Kompetenzen schließen das Wissen um die Verschiedenheit im Ausdrucksverhalten von Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen mit ein. Es bleibt fundamental zu verstehen, dass bei der Interaktion zwischen Menschen alles Kommunikation ist. Paul Watzlawick, dem die Welt einige scharfsinnige Ausführungen im Bereich der Kommunikation verdankt, hält grundsätzlich fest: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.
Zurück zum Seitenanfang
© 2024 Landsiedel