Rhetorische Frage

Bereits in der Antike, wie zur Zeit der Römer, nutze man die rhetorische Frage zum Ausdruck für Gehässigkeit, Provokation oder Unwillen. Heute noch sind rhetorische Fragen ein äußerts beliebtes sprachliches Stilmittel in Verkaufsgesprächen und politischen Reden – aber auch in Alltagsgesprächen. Mit einer rhetorischen Frage (auch Hypophora genannt) möchte der Fragende keine Informationen erhalten, denn sie enthält die Informationen bereits.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine rhetorische Frage?
  2. Was bewirken rhetorische Fragen?
  3. Welche Arten von Fragen gibt es?
  4. Beispiele zu rhetorischen Fragen
  5. Wo werden rhetorische Fragen eingesetzt?
  6. Für was kann ich rhetorische Fragen nutzen?

Was ist eine rhetorische Frage?

Meist wirken sie lustig, absurd oder ironisch – aber sie treffen uns doch irgendwie ins Mark und regen uns nicht selten zum Nachdenken an. Rhetorische Fragen begegnen uns im Alltag immer wieder. Doch was hat es mit diesen auf sich?

Rhetorische Frage: Definition
Die rhetorische Frage ist eine Frage, für die die Antwort bereits auf der Hand liegt.

Rhetorische Fragen sind ein beliebtes Sprachmittel, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen. Sie wird auch häufig als Scheinfrage bezeichnet und erwartet keine Antwort. Vielmehr hebt sie die Ansichten des Fragenden hervor und liefert meist selbst die Antwort oder eine Erklärung.

Der Zweck ist es, gewisse Sachverhalte zu veranschaulichen, Gemeinsamkeiten zu unterstreichen und in gewissem Maße einen Gesprächsverlauf zu steuern. Kein Wunder also, dass in Marketing, Politik und in der Medienwelt rhetorische Frage häufig zum Einsatz kommen. Rhetorische Fragen haben eine große Bedeutung für Menschen, die sprachlich überzeugen müssen.

Eine rhetorische Frage ist demnach nie neutral. Immer enthält sie eine Andeutung, einen Hinweis oder eine Botschaft. In der Rhetorik großer Redner, Manager und Coaches kommt dieses sprachliche Stilmittel häufiger vor, als man meint. Vor allem in Kombination mit einer Metapher wirkt die rhetorische Frage besonders nachhaltig.

Beispiel für eine rhetorische Frage mit Metapher:

„Möchten Sie sich etwa als Rentner in einem kalten Kellerloch von Brotkrümeln ernähren?“

Oder:

„Ist es nicht eine bezaubernde Vorstellung in einer Villa am Strand wach zu werden und den Wellen zu lauschen?“

Metaphern sind in dieser Kombination ein häufig verwendetes Stilmittel, welches das Gesagte visualisiert. Der Zuhörer kann sich eine Situation besser vorstellen, was ihn emotional beeinflusst. Verkäufer und Redner bedienen sich dieser Sprachmittel sehr gerne, denn sie gelten als besonders zielführend.

Was bewirken rhetorische Fragen?

Beispiel für rhetorische Fragen:

Im Grunde unterscheidet man zwei Arten von rhetorischen Fragen:

1. Implikative rhetorische Frage
Hierbei ist die Frage bereits mit einer Antwort verknüpft.

Beispiel: „Wer bitte erzählt denn Unwahrheiten?“ - Antwort: Ein Lügner

Wirkung: Der Gefragte kennt die Antwort - ebenso wie der Fragende. Mit dieser Art der Fragestellung soll der Gefragte jedoch kurz zum Nachdenken angeregt werden und zum Schluss kommen, dass nur ein Lügner imstande ist, die Unwahrheit zu erzählen. Diese negative Charaktereigenschaft wird dem Gefragten also explizit vor Augen geführt.


2. Auto-Responsive rhetorische Frage
Bei dieser Art der rhetorischen Frage beinhaltet die Frage bereits die Antwort.

Beispiel: „Wer, außer ein Lügner, würde schon die Unwahrheit erzählen?“

Wirkung: Hier ist der Fragende eher darauf bedacht, den Gefragten von seiner persönlichen Meinung zu überzeugen. Denjenigen, der Unwahrheit erzählt als Lügner zu betiteln, spiegelt seine Meinung über die jeweilige Person wider. Dies überträgt sich automatisch auf den Gefragten.

In verschiedenen Präsentationstechniken macht man sich diese rhetorischen Fragetechniken zunutze, um mit dem Publikum zu interagieren. In Rhetorik-Seminaren erhält man wertvolle Tipps, wie man mit gezielten rhetorischen Fragen das Publikum in eine bestimmte Richtung lenkt und Emotionen auslöst.

Weitere Beispiele zu rhetorischen Fragen:

„Habe ich es Ihnen nicht gleich gesagt?“

„Sehe ich etwa aus wie dein Sklave?“

„Wer will schon einen qualvollen Tod sterben?“

„Möchten Sie etwa einen Dritten Weltkrieg?“

„Will nicht jeder Mensch einfach nur geliebt werden?“

„Glaubst du etwa, ich sei bescheuert?“

Beispiele im Verkaufsgespräch:
„Dieser Staubsauger ist wirklich perfekt, finden Sie nicht auch?“
„Möchten Sie sich diese Chance entgehen lassen und später das Doppelte bezahlen?“
„Möchten Sie nicht auch lieber ein Auto, das Ihrer Familie höchste Sicherheit bietet?“


Beispiel aus der Werbung:
„Wohnst du noch oder lebst du schon?“ (Ikea)
„Alles Müller, oder was?“ (Müllermilch)


Eine rhetorische Frage zielt, wie bereits erwähnt, nie auf eine Antwort ab, sondern soll beim Gefragten Denkprozesse in Bewegung setzen und ihm entweder einen Sachverhalt deutlich vor Augen führen, oder zu einer bestimmten Handlung/Meinung bewegen.

Welche Arten von Fragen gibt es?

Man unterscheidet verschiedene Frage­techniken, mit welchen man den Verlauf eines Gesprächs beeinflussen kann. Wer die richtigen Fragen stellt, kommt schneller an sein Ziel.


  1. Offene Fragen:
    Offene Fragen lassen beim Gefragten eine ausführliche Antwort zu. Offene Fragen sind nicht mit Ja oder Nein zu beantworten, sondern verlangen eine detailliertere Antwort, welche Wo, Was, Wie, Wann, Warum erläutern. „Wie könnten wir Ihrer Meinung nach unser Produkt nachhaltig verbessern?“
  2. Geschlossene Fragen
    Mit einer geschlossenen Frage ist eine konkrete Frage gemeint, welche nur mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. „Haben Sie den Auftrag schon abgearbeitet?“
  3. Zirkuläre Fragen
    Diese Fragetechnik soll beim Befragten einen Perspektivwechsel erzwingen. Kommt man in einer Diskussion nicht weiter, eignet sich die zirkuläre Frage, um sich in eine andere Sicht­weise hinein­zuversetzen. „Wie würden Sie sich in der Chefrolle unter diesen Bedingungen verhalten?“
  4. Gefühlsfragen
    Gefühlsfragen zielen auf das Innenleben des Gesprächspartners ab und sollten immer von ehrlichem Interesse geprägt sein. Das schafft Vertrauen und Verständnis, was sich im Dialog für beide Seiten stets als Vorteil erweist. „Wie fühlen Sie sich heute?“
  5. Suggestivfragen
    Bei der Suggestivfrage wird eine bestimmte Antwort erwartet, welche der Fragende in gewissem Maße vorgibt: „Wieso ist es nützlich, in der Kirche aktiv zu sein?“

Abgrenzung zur Suggestivfrage

Die Grenzen der rhetorischen Frage und der Suggestivfrage sind fließend. Auch Suggestivfragen gehören zur Kategorie der rhetorischen Stilmittel. Eine Suggestivfrage dient weniger dem Meinungsaustausch, sondern ist vielmehr darauf bedacht, eine Diskussion in eine gewünschte Richtung zu führen. In der Werbung und im Verkaufsgespräch kommen Suggestivfragen seitens des Verkäufers häufig zum Einsatz.

  • „Sie wollen sicher auch nicht, dass Ihrem Kind etwas passiert, oder?“ Dann kaufen Sie dieses Auto mit Extra-Airbags….
  • „Wäre es für Sie nicht auch eine wahre Erleichterung nur noch einmal die Woche Ihr Smartphone aufzuladen?“ Dann kaufen Sie unser Handy mit langlebigem Akku…
  • „Sind auch Sie der Meinung, dass ein guter Staubsauger mehr leisten sollte?“ Unser Premium-Sauger schafft es sogar Hochflor-Teppiche von Schmutz zu befreien…

Ziel der Suggestivfrage ist immer die Betonung von Gemeinsamkeiten, um mit dem Gesprächspartner auf denselben Nenner zu kommen, bzw. ihn von der eigenen Meinung zu überzeugen. Suggestivfragen führen automatisch zu einer Übereinstimmung und führen die gewünschte Entscheidung des Gefragten sehr schnell herbei.

Vor Gericht sind Suggestivfragen übrigens nicht erlaubt, da sie beeinflussend wirken!

Beispiele zu rhetorischen Fragen:

Situation: Das Kind sitzt im Auto und quengelt.
Mutter: "Möchtest du heute wieder meine Nerven strapazieren?"

Zweck: ➔ Dem Kind zeigen, dass die Quengelei nervt und es die Mutter nicht weiter herausfordern soll.


Situation: Der Chef brüllt seinen Maschinenführer an, weil dieser aus Unachtsamkeit die Produktion lahmgelegt hat.
Chef: „Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?“

Zweck: ➔ Dem Mitarbeiter zeigen, dass er während der Arbeit seinen Verstand einschalten soll.


Situation: Freundin tröstet ihre Bekannte, deren Mann sie gerade betrogen hat.
Freundin: „Habe ich es dir nicht gleich gesagt?“

Zweck: ➔ Die Bekannte wird daran erinnert, dass ihre Freundin von Anfang an ein ungutes Gefühl bei der Beziehung hatte.


Situation: Bei einer politischen Rede über Waffenexporte fällt der Satz:
"Wollen Sie weiterhin für den Tod von Tausenden Unschuldigen verantwortlich sein?“

Zweck: ➔ Der Redner will das Publikum auf seine Seite ziehen und er will erreichen, dass es sich gegen Waffenexport ausspricht.

Wo werden rhetorische Fragen eingesetzt?

Rhetorische Fragen kennt man aus Politik, Literatur und Werbung. Aber auch im Alltagsgespräch trifft man häufig auf rhetorische Fragen. Sie sind ein sehr häufig verwendetes Stilmittel, welches das Ziel hat, eine Zustimmung vom Gefragten zu erhalten.


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Beispiele für rhetorische Fragen im Alltag:

1. Mutter zum Sohn: „Trödel nicht so, oder willst du etwa die ganze Nacht auf den nächsten Bus warten?“
Übersetzt heißt das: „Du bist zu spät dran, wenn du jetzt nicht schneller machst, verpasst du den Bus.“

Der Sohn möchte sicher nicht die ganze Nacht auf den nächsten Bus warten, weshalb er sich beeilen wird. Indirekt beeinflusst die Mutter also sein Verhalten, etwas schneller zu machen, um den Bus pünktlich zu bekommen.


2. Lehrer zum Schüler: „Tom, du bist dir ja heute um keinen Witz verlegen. Hast du einen Clown gefrühstückt?“
Übersetzt heißt das: „Du störst den Unterricht.“

Dem Lehrer fallen die Witzeleien seines Schülers auf und er möchte ihn darauf hinweisen, dass er es nicht übertreiben und sich lieber auf den Unterricht konzentrieren soll.

Für was kann ich rhetorische Fragen nutzen?

Sie können die rhetorische Frage immer dann nutzen, wenn Sie Zuhörer auf Ihre Seite ziehen und von Ihrer Ansicht überzeugen wollen. Dies kann in einem Vortrag oder im Alltagsdialog ebenso der Fall sein, wie während einer beruflichen Präsentation. Auch im Job ist die rhetorische Frage ein beliebtes Stilmittel, um den Chef oder Vorgesetzten von etwas zu überzeugen. In einer Präsentation oder wenn Sie vor vielen Menschen reden müssen, gelingt es Ihnen mit gezielt eingesetzten rhetorischen Fragen Ihr Publikum auf Ihre Seite zu ziehen. Auch um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erlangen sind rhetorische Fragen ideal geeignet.

Vorteile rhetorischer Fragen:

  • Das Betonen/Unterstreichen von Gemeinsamkeiten
  • Zuhörer wird in eine Richtung „gelenkt“
  • Wirken bei einem gemeinsamen Konsens harmonisierend
  • Können Sympathie und Nähe erzeugen

Nachteile rhetorischer Fragen:

  • Sie können sehr provokant wirken
  • Dürfen nicht zu oft verwendet werden

Im Folgenden finden Sie anschauliche Satz-Beispiele, die Ihnen zeigen, wie Sie Menschen zu einer Meinung hinführen. Einmal wird der Satz ohne rhetorische Frage verwendet und einmal wird die selbe Aussage als rhetorische Frage formuliert: Entscheiden Sie selbst, was Sie mehr überzeugt:

Beispiel 1: In einer Rede

Ohne rhetorische Frage: „Tausende Unschuldige Menschen sterben durch unsere Waffenexporte ins Ausland.“

➔ Der Satz legt zwar Fakten dar, der Zuhörer fühlt sich jedoch nicht persönlich für die Waffenexporte schuldig. Der Satz enthält keine versteckte Handlungsaufforderung und ist somit wirkungslos. Eine bessere Wirkung erzielen Sie mit der rhetorischen Frage:

➔ "Möchten Sie durch die Waffenexporte ins Ausland für den Tod Tausender Unschuldiger verantwortlich sein?“

Wirkung: Natürlich möchte niemand für den Tod von Menschen verantwortlich sein. Die rhetorische Frage in diesem Fall zielt somit direkt auf das Gewissen, Denken und Handeln des Zuhörers ab. Es wird ein Denkprozess in Gang gesetzt, der den Zuhörer auf die Seite des Redners zieht.

Beispiel 2: Im Job

Ohne rhetorische Frage: „Chef, könnten wir vielleicht neue, leistungsstärkere Rechner für die Abteilung bekommen, um schneller arbeiten zu können?“

➔ Dieser Satz vermittelt zwar den Vorteil vom Kauf neuer Rechner, erzielt jedoch nicht seine Wirkung, weil er den gefragten nicht in die gewollte Richtung lenkt. Besser wäre es, das Anliegen als rhetorische Frage zu formulieren:

➔ „Chef, Sie sind doch auch der Meinung, dass wir rationeller arbeiten könnten, wenn die Abteilung leistungsstärkere Rechner bekäme?“

Wirkung: Die Frage kann der Chef nur mit einem „Ja“ beantworten. Der Satz zielt also weniger auf die Erlaubnis ab, sondern vielmehr auf die Übereinstimmung zum Thema. Mit der Frage wird gleich ein Problem erläutert, für das es bereits eine Lösung gäbe.

Beispiel 3: Im Alltag

Ohne rhetorische Frage: „Das ist die Konsequenz davon, dass du nicht auf mich gehört hast.“

Wirkung: Die Aussage macht deutlich, dass eine Person einen Fehler gemacht hat, weil Sie einen guten Ratschlag ignoriert hat. Besser verdeutlichen kann man die Aussage aber als rhetorische Frage:

➔ „Was muss eigentlich noch alles passieren, bis du endlich mal auf mich hörst?“

Finden Sie nicht auch, dass bei allen Beispielen die rhetorischen Fragen deutlich überzeugender wirken? Probieren Sie dieses rhetorische Stilmittel in Ihre Alltagsdiskussionen zu integrieren und profitieren Sie von der Wirkung rhetorischer Fragen.



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