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Jeder Mensch ist einzigartig und hat seine persönlichen Ideale, Ängste und Ziele. Mit all diesen Eigenheiten und Wesenszügen muss er früher oder später im sozialen Umfeld zurechtkommen. Gerade im Berufsleben treffen Charaktere aufeinander, die sich privat womöglich aus dem Weg gehen würden. Dennoch sollte man versuchen, produktiv zusammenzuarbeiten und wertschätzend miteinander umzugehen. Ein wesentlicher Aspekt des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens ist die Kommunikation. Funktioniert diese gut, gibt es innerhalb einer Gruppe weniger Streitereien. Wird hingegen nicht richtig kommuniziert, oder werden Probleme nicht offen angesprochen, kann es zu Spannungen kommen, was wiederum zu Demotivation und Frust führt. Viele Bereiche im Leben basieren jedoch auf einer reibungslosen Verständigung: So auch das berufliche Umfeld. In einer Gruppe von Individuen kann eine schwache auf eine starke Persönlichkeit treffen. Der eine strotzt nur so vor Selbstbewusstsein; der andere hält sich lieber im Hintergrund. Unterschiedliche Herangehensweisen und Ansichten führen zu Problemen und Unausgesprochenes kann schnell zur Geduldsprobe werden. Die meisten Menschen suchen die Ursache für Streit und Probleme in ihrem Umfeld, das sie selbst der Meinung sind, sich stets korrekt zu verhalten. Dabei ist dies nur die Selbstwahrnehmung – und diese muss nicht immer richtig sein. Wie andere einen sehen und wie wir auf andere wirken, kann anhand des Johari-Fensters veranschaulicht werden.
Inhaltsverzeichnis
Die US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelten das Johari- Kommunikationsmodell im Jahre 1955. Zweck war es, innerhalb von Gruppen oder Teams Stärken und Schwächen zu erkennen und die Verständigung zu verbessern. Wer Wissen über seine unbewussten Gewohnheiten und Verhaltensmuster erlangt, der weiß, wie er auf andere Menschen wirkt und kann seine zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern. Unter dem Johari-Fenster versteht man eine Vorlage, welche die Unterschiede zwischen Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung grafisch darstellt. Bewusste und unbewusste Verhaltensmerkmale lassen sich im Johari-Fenster verdeutlichen. Anwendung findet das Modell hauptsächlich in Gruppen, in denen Menschen zusammenarbeiten. Grafisch wird das Johari-Fenster durch vier Felder dargestellt. Jeder Quadrant steht für einen Parameter und beinhaltet Verhaltensweisen, die
Je größer die Übereinstimmung von Selbst- und Fremdwahrnehmung ist, desto besser!
Blicke in den Spiegel – wen siehst Du? Den ehrgeizigen Karrieremenschen, den geduldigen Zuhörer oder den kreativen Spaßvogel? Vielleicht vereinst Du sogar alle dieser Charaktereigenschaften. Jeder Mensch hat verschiedene Facetten, die in unterschiedlichen Lebensbereichen zum Vorschein kommen. Bestimmte Stärken oder Schwächen können wir nicht in jedem Lebensbereich zeigen, und doch schlummern sie in uns. Das Selbstbild ist immer das Bild, das wir selbst von uns haben. Es beinhaltet unser gesamtes Gefühlsleben, unsere Gedanken, Sehnsüchte, Wünsche und Ängste. Dieses „Gesamtpaket“ bleibt dem Umfeld meist verborgen. Die Kollegen im Job, die eigenen Kinder, Freunde und Bekannte nehmen einen meist anders wahr als man es selbst tut – denn sie entdecken an uns Eigenschaften, die wir selbst vielleicht gar nicht kennen. Das Fremdbild kann sich somit erheblich von der Selbstwahrnehmung unterscheiden. Das Johari Fenster soll eben diese Fremdwahrnehmung in Vergleich zur Selbstwahrnehmung stellen. Erfahren wir dann, dass wir auf andere beispielsweise unsicher wirken, obwohl wir uns als selbstsicher einschätzen, können wir mithilfe dieses Feedbacks unser Verhaltensmuster ändern.
Das Modell dient dem Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Dazu werden vier Felder genutzt. In „Öffentlicher Bereich“ stehen die Charaktereigenschaften, die einem selbst und der Gruppe bekannt sind. Der „blinde Fleck“ umfasst die Eigenschaften, die eine Person unbewusst ausstrahlt, also nicht selbst wahrnimmt. Der „geheime Bereich“ meint Eigenschaften, die eine Person bewusst für sich behält und die sonst keiner kennt. „Unbekannter Fleck“ sind alle Eigenschaften und Merkmale, die man selbst nicht kennt, und die auch anderen verborgen bleiben. Hierbei handelt es sich um Talente und Begabungen, die man fördern kann.
Wo Selbstbild und Fremdbild deckungsgleich sind, geht es um die öffentliche Person. Je größer der öffentliche Bereich im Johari-Modell ist, desto geringer ist die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Das Modell veranschaulicht unsere Charaktereinschätzung. Diese weicht oftmals von der Fremdwahrnehmung ab. Das liegt daran, dass jeder Mensch unterschiedliche Facetten hat, die er nur in bestimmten Lebensbereichen zeigt. Der liebevolle Familienvater wird von seiner Frau womöglich als fürsorglich und spontan beschrieben. Ist dieser Familienvater Leiter einer Firma, würden ihn seine Mitarbeiter wohl eher als streng, organisiert und abgeklärt bezeichnen. Seine fürsorgliche Art bleibt somit ein Geheimnis. In den vier Fenstern werden die Eigenschaften eines Menschen sehr schnell deutlich. Oft erfährt man erst durch das Feedback anderer, wie man auf sein Umfeld wirkt. Für die Zusammenarbeit im Team oder für das menschliche Zusammenleben, kann dieses Feedback sehr hilfreich sein und Probleme in der Kommunikation vermeiden.
Das Johari-Fenster gibt konstruktives Feedback über bestimmte Wesens- und Verhaltensmuster, mit denen wir unsere Mitmenschen beeinflussen. Je mehr ein Mensch über seine Wirkung auf andere weiß, desto einfacher gelingt ihm die Kommunikation mit der Umwelt – man wirkt authentisch!
Der Einfachheit halber erfolgt das Beispiel mit zwei fiktiven Personen: Person A und Person B. Jede Person erhält eine Liste mit ca. 50 Adjektiven/Charaktereigenschaften. Jeder soll etwa 5 Adjektive aussuchen, die ihn selbst beschreiben. Anschließend sollen die Personen 6 Adjektive aussuchen, welche die andere Person treffend beschreiben. Beispiele können sein:
Die Liste kann um weitere Adjektive und Eigenschaften erweitert werden.
Die Verhaltensmerkmale werden dann miteinander verglichen. Es ist gut möglich, dass die beiden Personen überrascht sein werden, was das Gegenüber von ihm denkt. Wenn Person A sich selbst beispielsweise als introvertiert einschätzt, kann sie auf Person B dennoch extrovertiert wirken. Dann gilt es, die Situation, für die dies zutrifft zu analysieren und Klarheit zu schaffen.
Verkleinere den blinden Fleck! Eine besonders heikle Sache beim Johari-Modell ist das Bewusstwerden über bis dahin nicht gekannte Wesensmerkmale. Viele Menschen sind überrascht, dass sie von der Außenwelt völlig anders wahrgenommen werden. Sie reagieren dann häufig mit Unverständnis.
Tipp 1: Lasse die Meinung anderer zu. Dies ist der erste wichtige Schritt in Deiner Persönlichkeitsentwicklung!
Tipp 2: Behalte nicht jedes Geheimnis aus dem geheimen Bereich für Dich. Lasse zu, dass Menschen Deine Gefühle und Gedanken kennenlernen.
Eigenschaften, die wir bewusst oder unbewusst nach Außen kommunizieren, werden mit dem Johari Fenster deutlich. Auf eine Gruppe oder ein Team übertragen, würde jede Person sich selbst und den anderen Personen Eigenschaften aus der Liste zuordnen. Liegen Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung weit auseinander, könnte das die Ursache für Reibereien innerhalb eines Teams sein.
Wer mit vielen Menschen zusammenarbeitet, dem sind Reibereien nicht fremd. Wo unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinandertreffen, können Kommunikationsprobleme entstehen, die die Gruppendynamik hemmen und auf Dauer unzufrieden machen. Du kannst das Johari-Fenster als Werkzeug für die eigene Persönlichkeitsentwicklung nutzen und lernen, wie Du auf andere wirkst. Werde Dir über Deine Stärken und Schwächen bewusst und nutze Deine versteckten Potenziale.
Beispiel aus dem Alltag: Wenn Du einen schlechten Tag hast und Deine Kollegen Dir das auch an Deinem Verhalten ansehen, herrscht eine offene und ehrliche Kommunikationsebene zwischen allen Beteiligten. Versuche Deine schlechte Laune hingegen zu verbergen, so ist die Kommunikation gestört. Nicht nur, weil Du Dich selbst verleugnest, sondern auch, weil Du nicht ehrlich kommunizierst – dies führt zu Frust und einer unauthentischen Ausstrahlung.
Die Bereiche der einzelnen Johari-Felder verändern sich, je länger Du mit Personen zusammenarbeitest. Beispiel: Du bist neues Mitglied eines Teams für Projektmanagement: Das Johari-Fenster „Öffentlicher Bereich“ ist noch sehr klein, da Du neu bist, und die anderen Mitarbeiter noch nicht viel über Dich wissen. Die anderen Personen können sich noch kein Bild von Dir machen. Im Laufe der Zeit lernt das Team Dich besser kennen. Somit vergrößert sich auch der Quadrant „Öffentlicher Bereich“.
Zu Beginn kannst Du auch einen Testlauf im privaten Umfeld machen:
Verteile die Liste mit Adjektiven an Freunde und Familie. Erkläre ihnen die Vorgehensweise und erfahre, wie Du als Person auf andere wirkst, was Du ändern oder verbessern solltest. Dein Ziel hierbei sollte immer die Deckungsgleichheit von Selbst- und Fremdwahrnehmung sein. Gehe ähnlich vor, wie beim Schreiben einer Bewerbung: Zähle Deine prägnantesten Stärken und Schwächen auf und vergleiche diese mit den Antworten Deiner Bekannten. Decken sich die Wahrnehmungen?
Vor allem im Bereich der Körpersprache sehen Außenstehende mehr, als wir selbst. Andere erfassen unsere Körperhaltung und Mimik. Wir hingegen, sehen uns selbst nicht und nehmen uns womöglich ganz anders war, wenn wir zum Beispiel vor vielen Menschen sprechen. Eine recht verbreitete Übung ist die Aufnahme auf Kamera. Lasse Dich während einer Präsentation filmen. Beobachte Deine Ausstrahlung. Wie wirkst Du? Magst Du, was Du siehst? Wo kann verbessert werden? Auch Mitarbeitergespräche einen sich ideal als Johari-Übung. Sowohl Vorgesetzter als auch Mitarbeiter besitzen den blinden Fleck, den es zu verkleinern gilt. Durch ehrliches, konstruktives Feedback kann für beide Parteien eine Win-Win-Situation entstehen.
Tipp: Beobachte Dein Gegenüber und teile ihm mit, wie es auf Dich wirkt. Erwähne die Deiner Meinung nach guten und schlechten Eigenschaften, sodass Du möglichst alle Stärken und Schwächen erfasst. So gewinnt Dein Gegenüber Erkenntnisse über sich selbst und kann den privaten und öffentlichen Handlungsspielraum bewusster wahrnehmen und ausbauen.
Joseph Luft sieht das Ziel seines Modells darin, durch hinreichendes gegenseitiges Feedback den gemeinsamen Handlungsspielraum transparenter zu gestalten. In der Wissenschaft gibt es zahlreiche Artikel und Tests zum Thema Selbst- und Fremdwahrnehmung Das Johari-Fenster gehört in den Bereich der Feedbacklehre und gehört zu einem Teilbereich der Wissenschaft. Den Fokus bildet hierbei der Bereich „Blinder Fleck“, denn dies ist alles, was ein Mensch von sich selbst nicht wahrnimmt, jedoch an sein Umfeld sendet. Das Bewusstwerden über die eigenen Eigenschaften und Verhaltensmuster aus diesem Bereich ist für Betroffene nicht immer einfach zu verstehen. Entdeckt das Umfeld beispielsweise negative Verhaltensmuster, welche der Person zuvor nicht bekannt waren, kann dies sogar ein echter Schock sein. Deshalb ist es wichtig, negative Charaktereigenschaften so behutsam wie möglich anzusprechen und dem Betroffenen gegenüber eine wohlwollende Atmosphäre zu schaffen. Wer sich über seine Wirkung bewusst werden will, sollte die Johari-Methode anwenden und mit seinem Umfeld alle Stärken und Schwächen erörtern. Wohlwollendes Feedback gehört heutzutage zu einem funktionierenden Berufsfeld und zwischenmenschlichen Beziehungen dazu. Das Johari-Modell ist die einfachste Art an ehrliches Feedback zu kommen und seine Persönlichkeit in eine positive Richtung zu verändern.
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