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Makel Minder­wertig­keits­komplex:
Wenn der Selbstwert Risse hat

Eine leichte Unsicherheit in Bezug auf die eigenen Leistungen oder Fähigkeiten hat jeder schon einmal erlebt. Doch was passiert, wenn das Selbstbild so sehr verzerrt ist, dass soziale und berufliche Aspekte dauerhaft darunter leiden? Mit einer Behandlung, die die Ursache an der Wurzel packt, sowie Wohlwollen dem eigenen Geist gegenüber, lässt sich das Spiegelbild meistens wieder geraderücken.

„Niemand kann dir ohne deine Zustimmung das Gefühl geben, minderwertig zu sein.“
- Eleanor Roosevelt, US-amerikanische Diplomatin und Menschenrechtsaktivistin

Inhalte

  1. Was sind Minderwertigkeitskomplexe?
  2. Was sind die Ursachen für einen Minderwertigkeitskomplex?
  3. Wie äußern sich extreme Minderwertigkeitskomplexe?
  4. Wie können Minderwertigkeitskomplexe überwunden werden?
  5. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Minderwertigkeitskomplexen und Größenwahn?

Was sind Minder­wertig­keits­komplexe?

Minderwertigkeitskomplex
Schämen (Pixabay: ©geralt )

Ein Minder­wertig­keits­komplex ist eine psychische Störung, bei der stark erhöhte Minderwertigkeitsgefühle das Leben beeinträchtigen, die weit über ein durchschnittliches Maß an Selbstzweifeln hinausgehen. Im Zuge von Minder­wertig­keits­komplexen treten häufig krankhafte psychische Symptome auf. Betroffene Menschen fühlen sich anderen Menschen deutlich unterlegen. Dies kann sich auf vielerlei Attribute beziehen, wie etwa die Intelligenz, körperliche Fitness, allgemeine Leistungsfähigkeit, motorische Fähigkeiten oder das äußere Erscheinungsbild.

Mit dem Begriff „Komplex“ wird eine Ansammlung verschiedener Dinge unter dem gleichen Gesichtspunkt zusammengefasst. In einem psychologischen Kontext beschreibt es Denkmuster, Überzeugungen oder Verhaltensweisen bezogen auf ein bestimmtes Thema, die in der Regel sehr emotionsgeladen und meistens unbewusst sind.

Der starke Einfluss von Gefühlen und subjektiver Wahrnehmung bei einem Minder­wertig­keits­komplex macht es mitunter schwer, sich selbst davon zu befreien. Um Fortschritte zu erzielen ist es ratsam, in einem ersten Prozess die Ursprünge der Minderwertigkeitsgefühle zu ergründen.

Was sind die Ursachen für einen Minder­wertig­keits­komplex?

Häufig entstehen Komplexe bereits in sehr frühen Jahren aufgrund einer belastenden Situation oder eines Konfliktes, der nicht gelöst wurde. Durch die Verdrängung des Konflikts ist den betroffenen Menschen der eigentliche Auslöser oft gar nicht in Erinnerung. Daher kann es schwerfallen, die tatsächliche Ursache allein aufzudecken.

Durch eine intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und dem eigenen Denkmuster ist es dennoch möglich, auch als einzelner große Fortschritte zu erzielen. Entspannungstechniken, Hypnose, Meditation sowie Schreibtherapien können dazu beitragen, den Ursprüngen des Minder­wertig­keits­komplexes allein auf die Spur zu kommen.

Sehr häufig beruhen die Komplexe auf Ereignissen und Erfahrungen aus der Kindheit. Zu den möglichen Ursachen zählen:


  • Mangelnde emotionale und körperliche Zuneigung der Eltern
  • Unzureichende Anerkennung der eigenen Leistungen
  • Wenig empathische Unterstützung der Familie
  • Häufige Kritik und wiederholte Bestrafungen
  • Wiederkehrende Enttäuschungen

Hat man als Kind bereits gelernt, nicht gut genug, liebenswürdig genug oder intelligent genug zu sein, festigt sich diese persönliche Wahrnehmung während des Erwachsenwerdens und manifestiert sich im späteren Leben zu einer Überzeugung. Die Folge ist eine gestörte Beziehung zu sich selbst und den eigenen emotionalen, sozialen, psychischen oder physischen Fähigkeiten.

Wie äußern sich extreme Minder­wertig­keits­komplexe?

Menschen mit einem ausgeprägten Minder­wertig­keits­komplex haben oft die Angst, für andere Personen nicht gut genug zu sein und diese zu enttäuschen. Dies kann sich sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext äußern.

Hierbei ist es wichtig, Nervosität und Unsicherheit in einem normalen Rahmen von tatsächlichen Minder­wertig­keits­komplexen zu differenzieren. Es ist weit verbreitet und durchaus normal, in bestimmten Situationen an sich und seinen Leistungen zu zweifeln oder wegen eines wichtigen bevorstehenden Ereignisses aufgeregt zu sein.

Sucht man bei sich selbst allerdings immer wieder Fehler und Unzulänglichkeiten, die aus einem objektiven Blickwinkel nicht existieren, kann sich dahinter ein Minder­wertig­keits­komplex verbergen.

Typische Symptome bei Personen mit starken Minderwertigkeitsgefühlen sind Skepsis und Zweifel, insbesondere wenn sie gelobt werden oder Anerkennung und Zuneigung erfahren. Das verminderte Selbstvertrauen führt dazu, dass sich einige gar nicht vorstellen können, jemand könnte ihre Leistungen oder Eigenschaften positiv bewerten oder sie für liebenswürdig halten. Zu hoch gesteckte Ziele und der Hang zum Perfektionismus verstärken häufig den Eindruck von Wertlosigkeit.

Gleichzeitig sind Betroffene äußert kritikunfähig und fühlen sich schon bei kleinen Auseinandersetzungen schnell verletzt. Dies führt oft zu Komplikationen bei sozialen Kontakten und nicht selten zum Rückzug in die Einsamkeit. Infolgedessen können Isolationsgefühle hinzukommen, bis hin zu sozialen Phobien oder einer Depression. Bei stark ausgeprägten Minder­wertig­keits­komplexen sind tiefe freundschaftliche oder partnerschaftliche Beziehungen oft sehr schwierig und frustrierend, wenn nicht sogar dauerhaft unmöglich.

Je nach Intensität und Ausprägung des Minder­wertig­keits­komplexes kann es zu einer wahrhaften Besessenheit mit den eigenen Unzulänglichkeiten kommen. Die Auseinandersetzung mit den Fehlern nimmt dann mitunter große Teile des Alltags in Anspruch, so dass kaum noch Platz für andere Themen bleibt.

Als Folge der sozialen Absonderung und Verbissenheit leiden viele schließlich an Monotonie und Antriebslosigkeit sowie einer generellen negativen Einstellung dem Leben und anderen Menschen gegenüber. Sie sehen sich selbst oft in der Opferrolle, wirken auf andere dabei aber distanziert, abweisend und mitunter sogar aggressiv. Extreme Minder­wertig­keits­komplexe können sogar bis zu Suizidgedanken führen.

Wie können Minder­wertig­keits­komplexe überwunden werden?

Je nachdem, wie ausgeprägt die Störung ist, gibt es verschiedenen Tipps und Techniken, um sich allein oder mithilfe anderer davon zu lösen. Mit der passenden Therapie kann man Minder­wertig­keits­komplexe auch ganz überwinden.

Die Therapieansätze bei Minder­wertig­keits­komplexen können in zwei Bereiche unterteilt werden. Maßnahmen, die man allein ergreifen kann, um sein Selbstwertgefühl zu steigern, sowie Methoden, bei denen andere Personen involviert sind.

Wenn das Leben durch die Komplexe stark eingeschränkt ist oder man gar unter Depressionen oder Suizidgedanken leidet, ist der Weg zu einem medizinischen Experten unbedingt ratsam. Therapeutische Ansätze von Fachleuten sind unter anderem die Gesprächstherapie und die Verhaltenstherapie. Im Laufe der psychologischen Betreuung erkennt der Betroffene sein Leiden als Krankheitsbild an, um es anschließend annehmen zu können und es dann mit passenden Maßnahmen zu überwinden.

Allerdings ist nicht bei jedem Gefühl der Minderwertigkeit sofort ärztlicher Rat notwendig. Mitunter kann es auch hilfreich sein, einen Freund oder Bekannten in die eigenen Selbstzweifel einzuweihen und darüber zu sprechen.

Fühlt man sich sicher genug, um die Minder­wertig­keits­komplexe selbst zu bewältigen, wenn diese beispielsweise nicht so stark ausgeprägt sind, oder als begleitende Maßnahme einer Therapie, kann man sein Selbstwertgefühl mit einigen bewährten Methoden steigern.

6 wirksame Tipps und Techniken, um das eigene Selbstbild zu verbessern:


  1. Positive Gedanken manifestieren
  2. Selbstakzeptanz steigern
  3. Die Opferrolle verlassen
  4. In Reflexion und Wahrnehmung üben
  5. Glaubenssätze hinterfragen
  6. Realistische Ziele setzen

  • Positive Gedanken manifestieren:
  • Negative Gedankenmuster sind ein häufiger Grund dafür, dass sich das Minderwertigkeitsgefühl ständig weiter verstärkt. Wir glauben, dass unsere Gedanken wahr sind. Deshalb ist es besonders gefährlich, seine innere Wahrheit nur mit Negativität zu nähren. Indem man sich darin übt, die eigenen Gedanken zu beobachten, kann man ungünstige Muster erkennen und stoppen.

    Eine kurze, aber effektive Übung, um sich mehr positive Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, ist das Glückstagebuch. Hierfür legt man ein Tagebuch an, in das man jeden Abend drei positive Dinge einträgt, die man im Laufe des Tages beobachtet oder erlebt hat.

  • Selbstakzeptanz steigern:
  • Sich so anzunehmen, wie man ist, gehört sicher zu den schwierigsten Hürden einer an sich selbst zweifelnden Seele. Doch gerade deshalb ist diese Übung so wichtig und wertvoll. Selbstakzeptanz bedeutet nicht, dass man alles an sich grandios finden muss, sondern einfach, dass man alles annimmt. Für diese Technik schreibt man zunächst alles auf, was man an sich selbst absolut nicht leiden kann. Anschließend streicht man all die Dinge durch, die man nicht ändern kann oder möchte, wie beispielsweise die Herkunft oder Augenfarbe. Schließlich widmet man sich den Dingen, an denen man gern arbeiten möchte, und formuliert den Wunsch nach Veränderung aus.

    In einer zweiten Liste schreibt man nun alles auf, was man an sich selbst wirklich mag. Durch die kleine Bestandsaufnahme erhält man ein viel realistischeres Bild von sich, als die eigenen Komplexe manchmal aufzeigen. Vielleicht stellt man fest, dass die Positivliste sogar länger ist als die Negativliste. Es lohnt sich auch, diese Übung von Zeit zu Zeit zu wiederholen und wahrzunehmen, wie sich das eigene Selbstbild verändert.

  • Die Opferolle verlassen:
  • Um sich aus dem Tal der Selbstzweifel zu befreien, kann ein Blick in die Zukunft helfen. Für diese Übung stellt man sich vor, wie das weitere Leben verlaufen wird, wenn sich rein gar nichts ändert. Vermutlich sind das keine tollen Aussichten.

    In einem zweiten Schritt überlegt man, wie die Zukunft aussehen könnte, wenn man heute eine ganz konkrete Änderung vornimmt, wie beispielsweise den Mut dazu aufbringt, auf einen Jobwechsel hinzuarbeiten. Auf diese Weise kommt man von der passiven Rolle in eine aktive und lernt wieder, wie wunderbar es sich anfühlt, selbst Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.

  • In Reflektion und Wahrnehmung üben:
  • Je besser man sich selbst kennt, desto realistischerer ist das Selbstbild, inklusive aller Stärken und auch Schwächen. Für eine gesunde Selbstliebe ist es wichtig, sich so wahrzunehmen, wie man ist. Für diese Übung stellt man sich vor einen Spiegel und schaut sich ganz ohne Wertung genau an. Dabei erkennt man nach und nach all das, was man an sich selbst schön findet und mag. Während man sich im Spiegel in die Augen schaut, berichtet man sich selbst von den positiven Merkmalen, die man an sich entdeckt.

    Dabei muss man sich nicht auf rein äußerliche Merkmale beschränken, sondern kann auch Charaktereigenschaften und Fähigkeiten lobend hervorheben. Anfangs ist diese Übung möglicherweise etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich mit offenen Augen selbst wahrnimmt und vielleicht auch über sich lachen kann, löst sich die Unsicherheit schnell auf. An ihre Stelle treten ein steigendes Selbstbewusstsein und Selbstliebe.

  • Glaubensansätze hinterfragen
  • Die meisten Minder­wertig­keits­komplexe entstehen dadurch, dass in der Vergangenheit ein negativer Glaubenssatz im Unterbewusstsein abgespeichert wurde. Da diese falschen Überzeugungen unbewusst sein, kennt man sie normalerweise nicht. In dieser Übung geht es darum, die Glaubenssätze zu entdecken und anschließend ihre Daseinsberechtigung zu hinterfragen. Indem man sich überlegt, in welchem Lebensbereich man die meisten Schwierigkeiten mit dem Selbstwert hat, kommt man häufig schnell auf einen oder gar mehrere Glaubenssätze, die dafür verantwortlich sind.

    Dies können vermeintlich harmlose Sätze der Eltern sein, wie „Dafür bist du zu jung.“ oder auch verletzende Vorwürfe von Mitschülern, wie „Du bist aber dumm.“. Hinterfragt man diese Sätze nun mit „Ist das wahr?“, „Ist das noch immer so?“ oder ähnlichen Fragestellungen, beginnen die alten Glaubenssätze schnell zu bröckeln.

  • Realistische Ziele setzen:
  • Die eigene Unzulänglichkeit wird oft durch zu hohe Anforderungen und Perfektionsdenken geschürt. Indem man lernt, sich unmittelbarere und realistische Ziele zu setzen, steigt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten an, das Selbstbewusstsein wächst. Hierfür teilt man bei der nächsten anstehenden Aufgabe das große Ziel in mehrere kleine Teilziele ein.

    Notiert man sich gleichzeitig noch einen realistischen Zeitraum, wann man die kleinen Unterziele erreichen möchte, erhält man schneller Erfolgserlebnisse und wird in den eigenen Möglichkeiten und Talenten bestärkt. Anstatt die gesamte Bachelorarbeit mit Bestnote in vier Wochen zu schreiben, beschließt man beispielsweise, den Theorieteil in der ersten Woche abzuschließen.

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Gibt es einen Zusammenhang zwischen Minder­wertig­keits­komplexen und Größenwahn?

Tatsächlich lautet die Antwort hierauf: Ja. Größenwahn oder eine massive Selbstüberschätzung können eine mögliche Reaktion auf versteckte Minder­wertig­keits­komplexe sein. Was zunächst paradox klingt, ist bei genauerer Betrachtung sogar sehr nachvollziehbar.

Jeder Mensch geht mit vermeintlichen eigenen Unzulänglichkeiten anders um. Personen mit einem gesunden Selbstwertgefühl nehmen ihre Schwächen an und, wenn dies möglich und nötig ist, arbeiten daran, sie zu verbessern oder durch andere Kompetenzen auszugleichen. Menschen mit erhöhten Selbstzweifeln können dagegen auf zwei verschiedene Arten reagieren.

Wo die einen zu Unsicherheit und Zurückgezogenheit neigen – den zunächst typischen Symptomen von Minder­wertig­keits­komplexen – antworten die anderen mit einem gesteigerten Bedürfnis nach Bestätigung und Zuneigung. Sich selbst ständig zu loben und dieses Lob auch von anderen einzufordern, gründet oft in der Angst, dass die eigenen Fähigkeiten nicht gut genug sein könnten, um wahrgenommen zu werden. Zur Relativierung des Größenwahns müssen sich die Betroffenen ebenso realistisch mit ihren Schwächen auseinandersetzen und ihr Selbstbild hinterfragen wie Personen, deren vermindertes Selbstwertgefühl sie dazu bringt, sich zurückzuhalten.

Ganz gleich auf welche Weise sich ein rissiges Selbstbild präsentiert, entscheidend ist, dass der Betroffene versteht, eine Veränderung seiner Situation selbst in der Hand zu haben. Dank Übungen zur Akzeptanz und Reflektion sowie gegebenenfalls externer Unterstützung kann die Selbstwahrnehmung so wieder gekittet werden.



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