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Das Smartphone ist kaputt und dir fällt keine Telefonnummer mehr ein? Du vergisst jedes Jahr den Geburtstag von Tante Inge? Du würdest gern eine neue Sprache lernen? Mit verschiedenen Übungen der Mnemotechnik und ein bisschen Geduld gelingt es dir garantiert, deinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Unser Gehirn ist ein Wunderwerk der Natur. Es saugt Wissen und Sinneseindrücke auf wie ein Schwamm das Wasser, ohne dass wir darauf einen Einfluss haben. Doch gerade bei Informationen, die wir uns aktiv merken wollen, macht es uns unser Kopf aufgrund zusätzlicher Einflussfaktoren wie der Motivation, Konditionierung und Aufmerksamkeit manchmal besonders schwer. Mit den richtigen Techniken können wir uns aber sogar hochkomplexe Inhalte merken und die gespeicherten Informationen auch wieder leichter abrufen. Und das Beste daran ist: Es ist gar nicht so kompliziert, die sogenannten Mnemotechniken zu erlernen.
Inhaltsverzeichnis
Die Mnemotechnik umfasst unterschiedliche Übungen für das Gedächtnistraining. Der Begriff selbst ist ein Kunstwort, das von dem altgriechischen Wort „mnḗmē“ für Gedächtnis und Erinnerung sowie „téchnē“ für Kunst abstammt. Man kann es somit mit „Gedächtniskunst“ übersetzen. Zur Mnemotechnik gehören Methoden, mit denen man Informationen im Langzeitgedächtnis speichern und sich besser an sie erinnern kann. Dabei werden bestimmte Fähigkeiten und Präferenzen des Menschen genutzt, um sich das Wissen mithilfe von Assoziationen und Eselsbrücken zu merken und wieder in Erinnerung rufen zu können.
Dank der verschiedenen Methoden der Mnemotechnik lassen sich sowohl einfache als auch umfangreiche Inhalte schneller verinnerlichen. Vom beruflichen und privaten Alltag bis hin zur Vorbereitung für eine Prüfungssituation können die Techniken zur Gedächtnissteigerung genutzt werden. Durch sie lassen sich beispielsweise Sprachen schneller erlernen, das Namens- und Zahlengedächtnis verbessert sich und sogar die Konzentrationsfähigkeit steigt. Mnemotechniken können auch die generelle Leistung des Gehirns erhöhen, wodurch eine dauerhafte Verbesserung des Gedächtnisses erreicht wird. Die assoziativen Übungen regen unterschiedliche Bereiche des Gehirns gleichzeitig an, weshalb der Trainingseffekt so erfolgreich ist.
Alle Mnemotechniken basieren auf der Beteiligung sogenannter Mentalfaktoren. Damit machen sie sich die komplexen Strukturen unseres Gehirns zunutze, über die wir visuelle, akustische, taktile, olfaktorische, gustatorische und emotionale Informationen verarbeiten und weiterentwickeln können. Die 7 Mentalfaktoren, die bei den Übungen der Mnemotechnik genutzt werden, sind:
Mit dem Einsatz dieser Mentalfaktoren sowie angemessenen Wiederholungen und Aufmerksamkeit während der Übung gelangen die Mnemotechniken schließlich zum Erfolg.
Das Gehirn kann sich visuelle und mit Emotionen verknüpfte Inhalte besser merken als abstrakte Informationen. Genau das bildet die Grundlage aller Übungen der Mnemotechnik. Drei einfache Schritte umreißen den Aufbau, der jeder Mnemotechnik zugrunde liegt.
Da sämtliche Assoziationen und Bilder bei jedem Lernenden individuell verschieden und emotional geprägt sind, kann man sich das neue Wissen leichter merken. Sie sind ein Produkt unseres eigenen Verstandes und beruhen auf seinen Fähigkeiten und Leistungen und nicht das erdachte Resultat eines anderen Gehirns.
Es existieren zahlreiche Mnemotechniken, die alle auf ähnlichen Prinzipien beruhen. Je nachdem, welches Wissen man sich merken möchte, empfiehlt sich die Wahl eines bestimmten Systems.
Die Alphabet-Methode kann angewendet werden, wenn man sich mehrere einzelne Informationen einprägen möchte. Ob man sich diese in einer konkreten Reihenfolge merken will oder nicht, ist dabei nicht wichtig. Mit dieser Methode kann man beides erreichen. Für die Übung verknüpft man mit jedem einzelnen Buchstaben des Alphabets einen bestimmten Gegenstand, der mit diesem Buchstaben beginnt. Je nachdem, wie viele Informationen man sich merken möchte, können so bis zu 26 Assoziationen hergestellt werden. Das A verbindet man beispielsweise mit einer Achterbahn, das B mit einem Brot, das C mit Cäsar und so weiter. Die zu merkenden Informationen werden dann jeweils einem Buchstaben des Alphabets zugeordnet. Indem der assoziierte Gegenstand mit der zu lernenden Information visuell verknüpft wird, entsteht ein Bild im Gedächtnis, das man leicht wieder abrufen kann. Angenommen man möchte sich mit der Alphabet-Methode die Meilensteine der Industrialisierung einprägen. Dann kann man sich eine Frau vorstellen, die in der Achterbahn (A) sitzt und spinnt („Spinning Jenny“ hieß die erste industrielle Spinnmaschine, die 1764 in England erfunden wurde), ein Brot (B) mit einem kleinen Schornstein, aus dem rußiger Dampf aufsteigt (ein Engländer entwickelte die erste industriell genutzte Dampfmaschine), sowie Cäsar, der oben auf der Lok einer Eisenbahn sitzt und Trauben nascht (die erste Eisenbahnlinie verlief zwischen Liverpool und Manchester). Denkt man von nun an die einzelnen Buchstaben des Alphabets, kommen einem die skurrilen Bilder und so auch die damit verknüpften Informationen wieder ins Gedächtnis.
Das Major-System ist die Meistermethode, um sich viele Zahlen zu merken, wie etwa mehrere Telefonnummern, historische Daten oder auch die ersten 100 Nachkommastellen von Pi. Das System greift einmal mehr darauf zurück, dass sich das menschliche Gehirn Bilder besser einprägen kann als Zahlen. Deshalb werden die zu merkenden Zahlen einfach in Buchstaben umgewandelt, aus denen wiederum Wörter entstehen, die man anschließend zu konkreten Bildern zusammenfügt. Im Major-System sind jeder Zahl ein oder mehrere bestimmte Buchstaben zugeordnet, die man einmalig lernen muss, um die Methode nutzen zu können.
Mit dieser Übersicht wandelt man die Zahl, die man nicht mehr vergessen möchte, in einen Buchstaben um. Aus dem Geburtsjahr von Wolfang Amadeus Mozart, 1756, wird so beispielsweise D CK L CH. Mit frei gewählten Vokalen formt man aus diesen Buchstaben nun Worte, wie DeCKe (17) und LoCH (56). Diese beiden Worte fügt man schließlich in einem möglichst einprägsamen Bild zusammen, das mit der zu merkenden Information verknüpft ist. Mozart sitzt am Klavier spielend in der Mitte eines Raumes, in dessen Decke ein riesiges Loch klafft. Möchte man von nun an das Geburtsjahr des Musikers abrufen, erinnert man sich an das skurrile Bild. Mithilfe der eingeprägten Kombination von Zahlen und Buchstaben kommt man über das Loch in der Decke schließlich zurück zu den Ziffern 17 und 56. Falls man Schwierigkeiten damit hat, geeignete Begriffe zu den entstandenen Buchstaben zu finden, kann man auf eine der vielen Listen zurückgreifen, die fleißige Gedächtniskünstler bereits ausgearbeitet haben. Es existieren mittlerweile sogar Übersichten für sämtliche Zahlen von 1-1000. Möchte man sich eine sehr lange Zahlenfolge merken, empfiehlt es sich übrigens aus den entstandenen Wörtern und Bildern ganze Geschichten zu erfinden.
Mnemotechniken kann man sich nicht nur Zahlen und Fakten besser merken, sie können auch dabei helfen, Sprachen zu lernen. Eine Übung, um sich beim Sprachenlernen Vokabeln besser einzuprägen, ist die Schlüsselwortmethode. Hierfür werden erneut neue Informationen mit alten Daten verknüpft. Mit dem zu lernenden Wort der Fremdsprache assoziiert man zunächst einen anderen, bekannten Begriff. Anschließend werden beide Wörter in einer bildlichen Vorstellung zusammengefügt. Nehmen wir an, man möchte sich die französische Vokabel für Erdbeere merken – „la fraise“. Eine erste Assoziation könnte eine Fräse sein, denn die beiden Wörter klingen sehr ähnlich. Gleichzeitig will man sich auch den weiblichen Artikel dazu merken. Ein mögliches Bild für diese Vokabel könnte daher sein, wie eine Frau mit einer Tischfräse Erdbeeren schneidet. Ruft man sich später dieses Bild ins Gedächtnis, erinnert man sich auch wieder an die französische Vokabel.
Diese Methode ist wohl die bekannteste aller Mnemotechniken und wird von unzähligen Gedächtnissportlern erfolgreich genutzt. Sie macht sich den Umstand zunutze, dass sich unser Gehirn konkrete Orte oder Umgebungen besonders gut einprägen kann. Die Loci-Methode eignet sich, wenn man sich Informationen in einer bestimmten Reihenfolge merken möchte. Dabei wird das neue Wissen mit einer bekannten Struktur, wie einem Raum oder dem eigenen Körper, verknüpft. Indem man sich die einzelnen Schritte wie auf einem Pfad merkt, kann man die Sequenz der Informationen später in der richtigen Reihenfolge wieder abrufen. Ein Beispiel: Man möchte die Gewinner der vergangenen 5 Fußballweltmeisterschaften verinnerlichen. Für diese Übung denkt man sich an einen konkreten Ort, den man gut kennt, beispielsweise das eigene Schlafzimmer. In diesem Zimmer sucht man sich je nach Anzahl der zu merkenden Informationen einen Pfad in passender Länge aus. Möchte man sich besonders viele Dinge merken, geht dieser Pfad an kleineren Accessoires und Details vorbei, bei wenigen Informationen kann man größere Abschnitte wie Möbel verwenden. Unser Rundgang beginnt an der Schlafzimmerkommode, auf der ein kleiner Eiffelturm steht. Schon weiß man, dass Frankreich der amtierende Weltmeister ist. Auf dem Lesesessel neben der Kommode liegt ein aufgeschlagenes Buch. Es ist „Faust“ von Johann Wolfang von Goethe – denn Deutschland war vor Frankreich Weltmeister. Der Sessel steht vor einem Fenster, auf dessen Sims ein köstliches Stück Serrano-Schinken liegt (2010 war Spanien Sieger). Auf dem Bett neben dem Fenster lächelt die Mona Lisa geheimnisvoll von der Bettwäsche. Über ihren berühmten Schöpfer Leonardo da Vinci weiß man nun, dass Italien vor Spanien gewonnen hat. Klettert man über das Bett, gelangt man zum Kleiderschrank. Zwischen den Schranktüren blitzt ein buntes Karnevalskostüm hervor, voller blauer Federn und roter Perlen. Der Karneval im brasilianischen Rio ist die letzte Etappe der kleinen Schlafzimmerreise durch die Fußball-Weltmeister. Von nun an muss man in Gedanken einfach in dieser Reihenfolge durch das Zimmer spazieren und schon kann man sich anhand der einzelnen Szenen die 5 letzten Sieger wieder in Erinnerung rufen. Die Loci-Methode ist dabei keineswegs nur auf Räume festgelegt. Man kann genauso gut durch einen Garten wandern oder die einzelnen Etappen am eigenen Körper durchgehen. Je absurder ein Motiv im Kopf erscheint, desto leichter fällt es meistens, sich daran zu erinnern. Es lohnt sich also, das Schlafzimmer oder den eigenen Körper mal richtig auf den Kopf zu stellen.
Der beeindruckend klingende Gedächtnispalast beruht teilweise auf der Loci-Methode, ist allerdings noch weitaus komplexer. Mit dieser Technik lässt sich grenzenlos viel Wissen verschiedenster Art dauerhaft im Gedächtnis speichern. Für den Gedächtnispalast werden Erinnerungen und Wissen in Gegenstände umgewandelt und miteinander in einen strukturellen Zusammenhang gebracht, wie die Möbel und Dinge in einem Raum. Für jedes Themengebiet baut man ein weiteres Zimmer an. Je mehr Wissen in den Gedächtnispalast einzieht, desto größer und voller wird er – um seinem Namen schließlich alle Ehre zu machen. Mit dieser Technik erschafft man sich ein eigenes Reich voller Wissen und Erinnerungen. Angenommen man möchte sich endlich den Geburtstag von Tante Inge merken. Dann kann man sich für diesen und andere Geburtstage einen eigenen Raum in seinem Gedächtnispalast einrichten. Wählen wir als Beispiel das Kaminzimmer, in dessen Mitte eine bunte Torte steht, um das Thema gleich mit dem Raum zu verknüpfen. Das Kaminzimmer hat vier Wände, so dass jede Wand für eine Jahreszeit steht. Frühling im Osten, Sommer im Süden, Herbst im Westen und Winter im Norden. Tante Inge hat am 17. August Geburtstag hat und besitzt außerdem zwei Katzen. Deshalb hängen wir ein schweres Ölgemälde etwas rechts von der Mitte an der Südwand auf, auf dem sich 7 Katzen um ein einzelnes Wollknäuel (1) raufen. So merken wir uns den 17. Tag kurz nach der Mitte des Sommers und denken durch die Katzen sofort an Tante Inge. Auf die gleiche Weise kann man den Raum zusätzlich mit weiteren Geburtstagsassoziationen füllen. Um sich das Wissen aus dem Gedächtnispalast besser zu merken, empfiehlt es sich, regelmäßige Spaziergänge darin zu unternehmen, im Geiste entspannt von Raum zu Raum zu schlendern und sich alles immer wieder anzuschauen.
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